Immer wieder wurde versucht, den Parlamentsvorbehalt in Deutschland zu versenken oder zumindest stark einzuschränken – zuletzt über die sog. Rühe-Kommission (siehe IMI-Analyse 2015/23). Nun wird versucht, über die europäische Bande zu spielen, denn mit der Teilnahme an PESCO haben sich alle 25 teilnehmenden Staaten u.a. dazu verpflichtet, ein „beschleunigtes politisches Engagement auf nationaler Ebene anzustreben und gegebenenfalls ihre nationalen Beschlussfassungsverfahren zu überprüfen“.
Die SPD ist so empört, dass sie einen hoch dotierten Beratervertrag blockiert.
Von Arnd Henze, ARD-Hauptstadtstudio vom 15.2.2017
Florian Rötzer in: telepolis vom 09.05.2016
Aktuell beruft sich die Regierung bei geplanten Bundeswehr-Einsätzen im Ausland i.d.R. auf Artikel 24 Absatz 2 des Grundgesetzes. Hiernach können Auslandseinsätze der Bundeswehr nur im Rahmen eines Systems kollektiver Sicherheit erfolgen. Das habe den „Nachteil“, dass hierüber ein Bundeswehr-Einsatz von einem Mandat der Vereinten Nationen – und damit von der Zustimmung Russlands und Chinas – abhängig werde, wird nun innerhalb der Union argumentiert. Deshalb müssten Bundeswehr-Einsätze von einem Mandat des UN-Sicherheitsrates entkoppelt werden und das könne mit Bezug auf den Verteidigungsfall erreicht werden.
a) FAZ net vom 9.2.2016:
b) J. Wagner in IMI - aktuell vom 10.2.2016
„Deutschlands Sicherheit wird am Hindukusch verteidigt“, so lautete 2002 der denkwürdige Satz, mit dem der damalige Verteidigungsminister Peter Struck versuchte, den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan als Landesverteidigung im Sinne des Grundgesetzes zurechtzubiegen.(....). Die Aussage Hoppenstedts interpretiert die FAZ folgendermaßen: „Dieses würde bedeuten, dass de facto in Moskau oder Peking über den Einsatz der Bundeswehr entschieden werde.“ Das ist zumindest irritierend, stellte doch schon der NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien einen Präzedenzfall dar, in dem ohne UN-Mandat ein NATO-Einsatz mit Bundeswehr-Beteiligung erfolgte. Damals wurde noch frank und frei eingestanden, es habe sich bei dem Einsatz nicht um Landesverteidigung und damit um einen klaren Völkerrechtsbruch gehandelt – der Krieg sei „illegal, aber legitim“ gewesen, so lautete die Formel, auf die sich der Westen anschließend auf Grundlage eines Untersuchungsberichtes verständigte.
Die aktuelle Initiative scheint nun in jedem Fall das Ziel zu haben, Bundeswehr-Einsätze ganz routinemäßig als Verteidigungsfall umzudeklarieren, um sie so vor jeder Anschuldigung, es handele sich dabei um eine Völkerrechtsverletzung zu immunisieren.
c)
Das wurde im Verlauf der Debatte am Freitag, 29. Januar 2016, deutlich. Redner von CDU/CSU und SPD sahen in dem Gesetz eine Stärkung der Parlamentsrechte und verwiesen auf die in dem Entwurf enthaltenen zusätzlichen Informationsrechte des Bundestages. Vertreter der Grünen und Linken befürchten hingegen eine Beschneidung der Parlamentsrechte und führten als Beleg dafür die im Entwurf enthaltenen Fälle an, in denen künftig auf eine Zustimmung des Bundestages verzichtet werden soll.
Hier der auf dem Bericht der Rühe-Kommission beruhende Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen:
Näher zur Diskussion im Bundestag am 29.1.2016:
http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2016/kw04-de-auslandseinsaetze/403014
Der am Ende 56 Seiten umfassende Abschlussbericht der Kommission wurde am 16.06.2015 an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben und der Öffentlichkeit bekanntgemacht. Er enthält Vorschläge und Empfehlungen zur Änderung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, die unmittelbar nach der Sommerpause im September in ein Gesetzgebungsverfahren münden könnten, wie Völker Rühe anlässlich der Übergabe des Berichts anregte. Im Ergebnis sei es „gelungen, die Rechte des Parlaments bei Auslandseinsätzen nicht nur zu sichern, sondern zu stärken“, verkündeten die beiden Kommissionsmitglieder, Nils Annen, außenpolitischer Sprecher, und Rainer Arnold, verteidigungspolitischer Sprecher, der SPD-Bundestagsfraktion in einer gemeinsamen Presseerklärung. Der Titel eines Kommentars in der Deutschen Welle sprach gar von einem „Sieg für die Demokratie“. Die Behauptung, der Kommissionsbericht beinhalte eine Stärkung der Parlamentsrechte, erscheint bei genauerer Betrachtung jedoch kaum haltbar.
In einer am 19.6.2015 erschienenen Studie geben die Autoren von Stiftung Wissenschaft und Politik einen guten Überblick über die unterschiedlichen Mitwirkungsrechte der europäischen Parlamente bei Rüstung und Einsatz ihrer Armeen.
Mit Beschluss vom 20.03.2014 setzte der Bundestag auf Antrag der Regierung eine Kommission ein zur Überprüfung des Parlamentsbeteiligungsgesetzes (bei geplanten Auslandseinsätzen der Bundeswehr).
bericht rühe-kommission bt-drs. 18-05000
"Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum ParlBetG"