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Can Dündar

Erdogan rächt sich durch ein bestelltes Urteil an dem Journalisten, der ihn öffentlich der Lüge und des Bruchs des Völkerrechts überführte

Am 1.12.2017 haben IALANA und VDW gemeinsam den Whistleblowerpreis 2017 u.a.an Can Dündar verliehen.

Wir erinnern uns: im Januar 2014 wurde in der Türkei in der Nähe von Adana ein LKW-Konvoi Richtung syrische Grenze unter dem Verdacht illegaler Waffenlieferungen an die islamistischen Gruppen und den IS im Kampf gegen Assad angehalten und kontrolliert. Es gab Gerüchte, es seien Waffen gefunden worden und die LKW seien vom türkischen Geheimdienst gewesen. Alle Meldungen wurden aber sofort unterdrückt. Da die Unterstützung bewaffneter IS-Gruppen im Kampf gegen die syrische Regierung gegen die UN-Charta und bindende Sicherheitsratsbeschlüsse verstiess, nahm die oppositionelle türkische Presse Recherchen auf, die aber weitgehend ergebnislos blieben. Erdogan selbst bestritt vehement, dass sich auf den LKWs Waffen befunden hätten.

Im Mai 2015 wurde aber der Zeitung Cumhuriyet Videomaterial zugespielt, auf dem Polizisten zu sehen waren, die die großen Kisten auf den LKWs öffneten und darin tausende von Waffen fanden. Dündar als Chefredakteur entschied trotz der Warnungen der Rechtsberater der Redaktion vor drohender Festnahme und Strafverfahren das Material in Form von mehreren Screen-shots am 29.Mai 2015 auf der ersten Seite zu veröffentlichen unter dem Titel: „Hier sind die Waffen, die Erdogan leugnet.“ Der Artikel fand ungeheuren Widerhall in der Türkei und im Ausland. Erdogan stellte persönlich Strafantrag gegen Cumhuriyet und erklärte im Fernsehen: “Der das als Aufmacher veröffentlichte, wird teuer dafür bezahlen. Der kommt mir nicht so davon!“

Es wird Ihnen vorkommen wie ein Scherz, aber es ist wahr: Die türkische Regierung versucht seit drei Jahren zu beweisen, dass mein Bericht in der „Cumhuriyet“ über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes MIT nach Syrien ein Spionageakt war – aber all die Jahre hat sie dafür keine Anzeichen gefunden. Bis jetzt: Nun endlich wurde der gesuchte Beweis präsentiert

-     C.Dündar in ozguruz-news am 7.2.19 -     

Gestern gab es gleich zwei Gerichtsverhandlungen zu meinem Fall. Ich konnte – offensichtlich – nicht daran teilnehmen, aber meine Frau war anwesend. Bei der Verhandlung wurde der angebliche Beweis für meine Spionagearbeit hervorgezaubert.

Provokation während des Deutschlandbesuchs des türkischen Präsidenten: Ankara fordert von der Bundesregierung die Auslieferung des regierungskritischen Journalisten Can Dündar

Die Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hat Berichten zufolge die Auslieferung des bekannten Journalisten Can Dündar aus Deutschland beantragt. Eine entsprechende Verbalnote sei am Montag beim Auswärtigen Amt eingegangen, berichteten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung".Darin bittet die türkische Botschaft um die Festnahme und Auslieferung von Dündar wegen Spionage, Verrat von Staatsgeheimnissen und Propaganda.

weiterlesen: http://www.spiegel.de/politik/deutschland/recep-tayyip-erdogan-verlangt-auslieferung-von-can-duendar-a-1230599.html

Lucas Wirl, Geschäftsführer von IALANA, hat mit Can Dündar am 18.11.2017 ein Interview geführt

https://www.youtube.com/watch?v=MSgtaFL1mHs

„Jeder lebt hinter einem Gitter, das er mit sich herumträgt“, schreibt Franz Kafka in „Die Verwandlung"

Wahrscheinlich trifft der Satz am ehesten auf Menschen zu, die im Exil leben. Die meisten von uns haben sich ihre Gefängniszellen auf den Rücken geladen und sich dann in die ganze Welt verstreut. Und während wir schreiben, schlagen unsere Handschellen immer noch gegen unsere Tastaturen.

In der Istanbuler Redaktion meiner Zeitung „Cumhuriyet“ war der Konferenzraum mit kugelsicheren Vorhängen geschützt; in meinem Berliner Büro muss ich den Vorhang hinter mir immer zuziehen, damit ich nicht zum Ziel eines Attentats werde. Ich war freier, als ich im Gefängnis geschrieben habe, denn die Bedrohung, verhaftet zu werden, hing nicht mehr über meinem Kopf; jetzt muss ich beim Schreiben an meine Kollegen denken, die immer noch in ihren Zellen eingesperrt sind, die dort als Geiseln gehalten werden.

weiter: https://ozguruz.org/de/2017/09/13/niemals-aufgeben-ihr-mutigen/

B. F. am 6.11.17 auf der facebook-Seite der ialana:

„Ich habe gerade per mail die Ankündigung dieser Veranstaltung bekommen, wahrscheinlich

weil ich mit der IPPNW vernetzt bin. Und wenn ich hier auf der Seite der IALANA

kurz durch scrolle, ist das Engagement für mehr Wahrheit und Gerechtigkeit

spürbar. Doch ich bezweifle stark, ob der Einsatz für Can Dündar dazugehören

sollte. Erstens frage ich mich, da es die "deutsche Sektion" ist, was Can Dündar

mit Problemen in Deutschland zu tun hat bzw. ob es nicht genug Probleme im

eigenen Land gibt.

Begründung der Gemeinsamen Jury von IALANA und VDW

für die Verleihung des Whistleblower-Preises 2017 an Dr. Can Dündar

 

A. Zur Person von Dr. Can Dündar

Can Dündar wurde am 16.6.1961 in Ankara geboren. Die Eltern waren republikanisch orientiert. Der Vater arbeitete zeitweise für den türkischen Geheimdienst MIT. D. interessierte sich schon als Jugendlicher für Politik. Er studierte Journalismus an der Fakultät für Politikwissenschaften in Ankara. Nach Abschluss des Studiums im Jahr 1982 machte er 1988 seinen Master an der London School of Journalism. 1996 wurde er an der Technischen Universität des Nahen Ostens in Ankara promoviert mit einer Arbeit über verschiedene Geheimdienste, die illegal handelten, aber durch Erklärung ihrer Aktivitäten zumStaatsgeheimniszu Unrecht Schutz erhielten (u.a. im Watergate-Skandal in den USA). Danach arbeitete er als Redakteur bzw. Kolumnist für verschiedene Zeitungen, moderierte im Fernsehen und produzierte Dokumentarfilme über prägende politische Ereignisse in der Türkei. Außerdem schrieb er über Personen der Zeitgeschichte wie Nazim Hikmet und verfasste ein kritisches Porträt zu Atatürk.

Nachdem schon vorher in der Türkei große Konzerne Medien aufgekauft hatten, um sich durch gefällige Berichterstattung lukrative Regierungsaufträge zu sichern, verstärkte sich diese Entwicklung nach dem Regierungsantritt der AKP.

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