Es wird Ihnen vorkommen wie ein Scherz, aber es ist wahr: Die türkische Regierung versucht seit drei Jahren zu beweisen, dass mein Bericht in der „Cumhuriyet“ über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes MIT nach Syrien ein Spionageakt war – aber all die Jahre hat sie dafür keine Anzeichen gefunden. Bis jetzt: Nun endlich wurde der gesuchte Beweis präsentiert

-     C.Dündar in ozguruz-news am 7.2.19 -     

Gestern gab es gleich zwei Gerichtsverhandlungen zu meinem Fall. Ich konnte – offensichtlich – nicht daran teilnehmen, aber meine Frau war anwesend. Bei der Verhandlung wurde der angebliche Beweis für meine Spionagearbeit hervorgezaubert.

Bevor ich Ihnen verrate, was Zeichen meiner Schuld sein soll, eine kleine Erinnerung, was passiert ist:
 
Wir haben mit einer investigativen Recherche bewiesen, dass die türkische Regierung illegal Waffen nach Syrien in den Bürgerkrieg lieferte. Danach wurde mir neben ganz vielen anderen Dingen vorgeworfen, als Spion zu arbeiten. Weil der Vorwurf der Spionage aber nicht bewiesen werden konnte, wurde ich wegen „Verrats von Staatsgeheimnissen“ zu einer Haftstrafe von 5 Jahren und 10 Monaten verurteilt. Der Kassationsgerichtshof fand diese Strafe zu niedrig und hat sie widerrufen, um ein neues Gerichtsverfahren mit dem erneuten Vorwurf der Spionage zu eröffnen. Dieses Verfahren läuft derzeit.
 
Kommen wir nun zu dem angeblichen Beweis: Mein Bericht wurde am 29. Mai 2015 veröffentlicht. Offenbar habe jedoch eine Woche nach der Veröffentlichung, also am 5. Juni, der Ständige Vertreter Syriens bei den Vereinten Nationen einen Brief an den UN-Sicherheitsrat geschrieben und sich über die Türkei beschwert.
 
„Und?“, werden Sie sich wahrscheinlich fragen. Dass ein syrischer Botschafter meinen Bericht über Waffenlieferungen gelesen hat, soll der „gruselige Beweis“ dafür sein, dass ich ein Spion bin? Derselben Logik nach könnte man auch von „deutscher Spionage“ reden, wenn der Bundestag über Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes berät. Bei der gestrigen Gerichtsverhandlung haben wir erfahren, dass das Gericht allen Ernstes ein Schreiben an das türkische Außenministerium verfasst hat, um den Brief des syrischen Botschafters zu erfragen. Die Sitzung wurde vertagt.
 
Dieser Newsletter fing mit einem Scherz an und soll ich mit einem enden: Erdoğan hat gestern bei einem Meeting gesagt: „In unserer Welt gibt es keinen Platz für Arroganz, Korruption und Ungerechtigkeit.“ So sieht es aus...