Die Jury hat ihre Auswahlentscheidung wie folgt begründet:

 

Brandon Bryant war in den Jahren 2006 bis 2011 bei der US Air Force als Drohnenpilot im Einsatz. Nach einer Zeit schwerer Gewissenskonflikte gab er aus eigenem Entschluss seinen Dienst auf und schied im Juli 2011 aus den US-Streitkräften aus. Er lehnte und lehnt aus ethischen Gründen den globalen geheimen US-Drohnenkrieg ab. Ihn schrecken insbesondere die damit verbundenen unzähligen zivilen Opfer und auch die schweren psychischen Folgen für die an den Tötungen beteiligten Drohnenpiloten, von denen viele gravierende gesundheitliche Schäden davontragen. Er wollte dies nicht länger mit-verantworten und bedauert heute seine frühere Mitwirkung an diesen extra-legalen Tötungen zutiefst. Brandon Bryant deckte als Insider ab Dezember 2012 in zahlreichen Interviews auf, wie dieser globale Drohnenkrieg geführt wird.

Er hat dabei öffentlich – für Deutschland besonders bedeutsam – auch die zentrale Funktion der Relaisstation und des „Air and Space OPs Center (AOC)“ in der US-Air-Base Ramstein (Rheinland-Pfalz) enthüllt, ohne die das gesamte Programm global in diesen Dimensionen nicht durchführbar wäre. Er nahm bei seinen Enthüllungen dienst- und strafrechtliche Verfolgung sowie drohende soziale Isolation in Kauf. Seine Enthüllungen lassen erkennen: Mit Hilfe der schnellen transatlantischen Glasfaserverbindungen über die Relaisstation in Ramstein wird der Kontakt von den USA zu den Drohnen fast ohne Latenz praktisch in Echtzeit ermöglicht. Die Einrichtungen in Ramstein beschränken sich dabei nicht auf den Datentransfer; vielmehr sind dort bis zu 650 Soldaten und Bildauswerter tätig, die den Kommandeuren bei der Zieldefinition zuarbeiten. Die US-Drohnenangriffe sind nach Auffassung vieler Staaten und der bei weitem meisten Völkerrechtler insbesondere wegen der damit verbundenen und bewusst in Kauf genommenen großen Zahl ziviler Opfer mit Art. 51 und 57 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Abkommen nicht vereinbar. Solche Angriffe sind völkerrechtswidrig, wenn der „Begleitschaden“ vorhersehbar war und wenn er durch die Anwendung praktisch möglicher Vorsichtsmaßnahmen bei der Wahl der Angriffsmittel und -methoden vermeidbar gewesen wäre oder wenn die mit ihm verbundenen Verluste unter der Zivilbevölkerung, die Verwundung von Zivilpersonen, die Beschädigung ziviler Objekte oder mehrere derartige Folgen zusammen in keinem Verhältnis zum erwarteten konkreten und unmittelbaren militärischen Vorteil stehen. Auch bei nicht völkerrechtswidrigen Angriffen, durch welche die Zivilbevölkerung in Mitleidenschaft gezogen werden kann, muss eine wirksame Warnung vorausgehen, wenn die gegebenen Umstände dies erlauben. Die US-Drohnenangriffe gegen Ziele u.a. in Pakistan, Jemen und Somalia verstoßen ferner gegen die territoriale Integrität dieser Zielstaaten (Art. 2 Ziff. 4 UN-Charta). Sie können auch nicht als Selbstverteidigung nach Art. 51 UN-Charta gerechtfertigt werden, da von diesen Staaten keine (gegenwärtigen) militärischen Angriffe gegen die USA ausgehen. Eine Ermächtigung durch den UN-Sicherheitsrat nach Art. 39 und 42 UN-Charta liegt nicht vor. Brandon Bryant ist zudem mit detaillierten Angaben der Behauptung der deutschen Bundesregierung entgegen getreten, die von deutschen Geheimdiensten an US-Stellen weitergegebenen Mobiltelefon-Daten seien nicht zur Ortung eines Drohnen-Angriffsziels verwendbar. Wie er enthüllte, ermöglicht die „Gilgamesh-Komponente“ der technischen Ausstattung der Drohnen an Hand dieser Daten eine metergenaue Ortung eines Mobiltelefons möglicher Zielpersonen und damit deren Tötung. Die US-Regierung hat zu keiner Zeit seine Informationen als unzutreffend dargestellt oder dementiert. Bryant gab mit seinen Informationen den Anstoß für weitere detaillierte Recherchen und Enthüllungen zahlreicher investigativer Journalisten. Es ist seinen Informationen zu verdanken, dass sich der Fokus der Debatte um den globalen Drohnenkrieg der USA in Deutschland nunmehr immer stärker auf die Aktivitäten der USA in Ramstein konzentrieren kann. Die Bundesregierung begeht mit ihrer Politik der Duldung der dortigen Vorgänge selbst ein völkerrechtliches Delikt. In der Öffentlichkeit werden deshalb inzwischen zu Recht die Kündigung der mit den USA abgeschlossenen Überlassungsvereinbarungen (Art. 48 Abs. 3 ZA-NTS) für Ramstein und ein drastisches Einschreiten deutscher Stellen vor Ort gefordert, um wirksam die zahlreichen dort auf deutschem Boden stattfindenden Völkerrechtsverstöße im Drohnenkrieg zu unterbinden.