Zur Erinnerung

Julian Assange wurde am 11.April 2019 in der Londoner Botschaft von Ecuador festgenommen und in das Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London gebracht. Dort ist er nach wie vor inhaftiert. In den 50 Wochen bis 27.3.2020 verbüsste er eine Ungehorsamsstrafe wegen Verletzung der Kautionsauflagen im Jahr 2012 durch seine Flucht in die Botschaft. Das war schon einigermaßen grotesk. Denn die Botschaft von Ecuador war seither 7 Jahre lang von der britischen Polizei rund um die Uhr belagert , so dass sich Assange nicht auf der Polzeiwache regelmäßig melden konnte, ohne den diplomatischen Schutz zu verlieren.

Auslieferungshaft

Seit 28.3.2020 ist Assange nun in Auslieferungshaft. Sein Gesundheitszustand war schon vor der Festnahme von April 2019 sehr bedenklich. In der Haftanstalt Belmarsh wird er unter extremen Bedingungen in Einzelhaft gehalten.

Kontakte selbst zu den Verteidigern wurden so beschränkt, dass seine Sache nicht angemessen gemeinsam vorbereitet werden konnte. Unterlagen durften nicht weitergegeben werden, Assange wurde ein laptop verweigert, usw. Vergeblich bemühte sich der Sonderberichterstatter des UN-Menschenrechtsrates für Folter, Nils Melzer, bei der britischen Regierung darum, eine ausreichende ärztliche Versorgung und Abmilderung der Haftbedingungen, die er im Fall Assange als Folter qualifizierte, zu erreichen. "In 20 Jahren Arbeit mit Opfern von Krieg, Gewalt und politischer Verfolgung habe ich es nie erlebt, dass sich eine Gruppe demokratischer Staaten zusammentut, um eine einzelne Person derart willkürlich zu isolieren, zu dämonisieren und zu missbrauchen."

Das Gericht hat alle Versuche der Verteidigung abgelehnt, ihm Haftverschonung gegen Kaution zu gewähren. Erst Proteste von Mitgefangenen erreichten, dass er für einige Zeit auf die Krankenstation der Haftanstalt verlegt wurde. Die für das Auslieferungsverfahren zuständige Richterin Vanessa Baraitser lehnt es ab, sich um die Haftbedingungen auch nur zu kümmern: die Verteidigung solle sich an die Gefängnisleitung wenden!

Man muss sich vor Augen halten, dass Assange nicht als Straftäter oder Straftatverdächtiger in Haft ist, sondern nur, um seine Anwesenheit für die Zeit des - eventuell bei drei Instanzen jahrelang dauerenden – Auslieferungsverfahrens zu sichern. Nach internationalen Standards sind daher nur Maßnahmen erlaubt, welche die Anwesenheit in einer Anstalt sichern. Es ist daher bereits ein Skandal, dass Assange diese Zeit unter Schwerverbrechern zu den harten Bedingungen eines Hochsicherheitsgefängnisses verbringen muss.

Beginn des Gerichtsverfahrens im Februar 2020

Am 24.Februar 2020 begann das Gerichtsverfahren zur Zulässigkeit der Auslieferung Assanges an die USA im Annexbau des Gefängnisses unter empörenden Bedingungen. Trotz großem Interesse der Weltpresse und der Öffentlichkeit gab es nur wenige Plätze, teils ohne Sichtkontakt in den Verhandlungssaal in einem Container, eine erbämliche Lautsprecheranlage, so dass vieles nicht verstanden werden konnte, usw. Vor allem durfte Assange nicht wie üblich neben seinen Verteidigern sitzen, wo er während der Verhandlung Kontakt und Eingrtffsmöglichkeit gehabt hätte, sondern wurde in eine mit Panzerglas gesicherte Box im Rücken der Verteidigung verbannt. Vergeblich rügte die Verteidigung das als unrechtmäßig.

Schon das Äußere dieses Auslieferungsverfahren ist eindeutig Vorverurteilung nach dem chinesischen Sprichwort: „Zu einem großen Tiger gehört ein großer Käfig.“

Zu Beginn des Verfahrens skiziierte die Verteidigung von Assange ihre Position (Zitat aus einem Artikel von Martin Sonneborn (MEP) :

Das eröffnende Statement der Verteidigung bemüht sich um die Klarstellung, dass es sich um ein politisch motiviertes Verfahren und nicht um die Aufklärung von Straftaten geht. Eine Auslieferung aus politischen Gründen würde gegen das Auslieferungsabkommen zwischen den USA und Großbritannien verstoßen.
Dafür wurde ein recht präzises Bild über die Entwicklung des Falles gezeichnet. 2013 wurde unter Präsident Barack Obama entschieden, nicht gegen Assange vorzugehen, weil es gleichbedeutend einer verfassungswidrigen Strafverfolgung aller Journalisten wäre, die geleakte Staatsdokumente veröffentlichen.
Der damalige Sprecher des US-Justizministeriums sagte 2013 dazu: “If you are not going to prosecute journalists for publishing classified information, which the department is not, then there is no way to prosecute Assange.”
In den USA wurde bis heute für solche Veröffentlichungen auch noch kein Journalist belangt.

Ein weiterer Fokus lag auf Präsident Trumps gestörtem Verhältnis zur Presse im Allgemeinen, die er öffentlich als „Oppositionspartei“ und „Volksfeind“ bezeichnet hat.
Später im Verfahren sollen Beweise dafür vorgebracht werden, dass Trump dem damaligen FBI-Direktor Comey mitgeteilt haben soll, dass er ein Exempel statuieren soll, um Whistleblower abzuschrecken.

Das ist besonders brisant, weil Donald Trump über einen Mittelsmann Julian Assange eine Begnadigung angeboten haben soll, für den Fall, dass er die Quelle für die im Wahlkampf veröffentlichten Mails der Demokraten preisgeben würde – nur um Trump im Müller-Report zu entlasten. Assange hat abgelehnt.

Weiterhin plant die Verteidigung, Beweise dafür vorzulegen, dass die US-Regierung Assange während seines Aufenthalts in der Botschaft von Ecuador in London ausspioniert hat. Das für die Botschaft zuständige Sicherheitsunternehmen Undercover Global soll Kameras und Wanzen installiert haben, sodass selbst Gespräche mit Anwälten abgehört werden konnten.

Die Verteidigung hat außerdem darauf hingewiesen, dass eine Auslieferung an die USA schon wegen schlechten psychischen Zustandes und erhöhter Suizidgefahr ihres Mandantens rechtswidrig wäre.

Die Verteidigung schließt mit den Worten: „Julian Assange erwartet ein Leben im Gefängnis – wegen des Veröffentlichens wahrheitsgetreuer Informationen aus öffentlichem Interesse. Wenn die Wahrheit zum Landesverrat wird, bekommen wir alle Probleme.“

(vgl. https://martinsonneborn.de/free-assange/ )

Fortsetzung verzögert sich. Assange trotz Corona-Gefahren weiter in Haft

Geplant war nach den ersten Sitzungstagen Ende Februar eine Unterbrechung des Verfahrens bis 18.Mai 2020, dann wieder mehrere Sitzungstage in Folge, um das Verfahren nach 3 Wochen im Juni in 1.Instanz abzuschließen.

Dann kam im März die Corona-Pandemie, die auch London voll erfasste. Gefängnisse sind Einrichtungen, die als besonders gefährlich gelten für die Verbreitung des lebensgefährlichen Virus. Weltweit entlassen angesichts dieser Gefahr Regierungen selbst Strafhäftlinge aus der Haft. Auch England verfährt so und entlässt Strafgefangene vorübergehend.

Für Assange ist diese Situation besonders bedrohlich: die Isolationshaft in Belmarsh hat seinen Allgemeinzustand weiter verschlechtert. Er litt bereits in den Jahren in der Botschaft unter chronischen Atemwegsinfektionen und gehört damit zu den Hochrisikogruppen.

Natürlich hat die Verteidigung von Assange in dieser Situation erneut und dringend die Haftverschonung gefordert und angeboten: Hausarrest, Fußfessel mit automatischem Alarm bei Verlassen des Hauses und umfangereiche Kautionen – erfolglos: am 25.März 2020 lehnte Richterin Baraitser das entsprechend den Vorgaben des britischen Justizministers wegen gesteigerten Fluchtrisikos ab. Er sei „nicht der einzige Gefängnisinsasse mit einer schwachen Gesundheit“.

Am 26. April erklärte die Verteidigung dem Gericht , sie habe wegen der besonderen Bedingungen in der Haftanstalt seit mehr als einem Monat keinen Kontakt mehr mit Assange gehabt. Unter diesen Bedingungen könne sie das Verfahren nicht vorbereiten. Darauf hob die Richterin die Termine ab 18.5.auf, erklärte aber, sie habe jetzt erst wieder im November Zeit für eine 3-wöchige Verhandlung.

P.S.: Die weitere Anhörung m Verfahren Assange ist nun auf September 2020 verschoben worden.