„Regime Change“: Wir haben diese beiden englischen Wörter im Verbund gründlich in unseren Sprachgebrauch übernommen, weil wir sie gar nicht so prägnant ins Deutsche übersetzen können. Es geht nicht, einfach zu sagen: „Regierungswechsel“. Denn das wäre ja eine im Prinzip durchaus erwünschte demokratische Selbstverständlichkeit. Nein, bei dem, was „Regime Change“ genannt wird, geht es in der Regel gar nicht demokratisch zu. Und erst recht nicht in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht. Es kommt von außen, gebärdet sich aber als interne Bewegung.
weiterlesen: https://www.nachdenkseiten.de/?p=52325
Eine sichere, würdevolle und permanente Rückkehr Geflüchteter nach Syrien ist heute und auf absehbare Zeit nicht möglich. Muriel Asseburg über die Situation vor Ort und Wege, die Perspektiven für Flüchtlinge zu verbessern.
Wie es in einer aktuellen Analyse des European Council on Foreign Relations (ECFR) heißt, sind durch die Boykottmaßnahmen vor allem "die verwundbarsten Menschen in der syrischen Bevölkerung" von katastrophalen Folgen bedroht. Die Sanktionen gegen Syrien werden schon seit Jahren international scharf kritisiert. Bereits im Jahr 2016 hieß es bei den Vereinten Nationen, es handle sich um "das komplizierteste und am weitesten reichende Sanktionsregime, das jemals verhängt wurde"; UN-Mitarbeiter urteilten, nicht der Krieg, sondern die Sanktionen des Westens seien "der Hauptgrund" für den Kollaps des syrischen Gesundheitssystems. Nachdem Brüssel jetzt die Maßnahmen sogar noch ausgeweitet hat, ist Washington dabei, Sanktionen zu verhängen, die sich gegen sämtliche Unternehmen und Länder richten, die Staatsprojekte zum Wiederaufbau Syriens unterstützen. Beim ECFR ist von einer "Politik der verbrannten Erde" die Rede.
weiterlesen: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7866/
https://www.sevimdagdelen.de/wp-content/uploads/183_18_T%C3%BCrkische-Pr%C3%A4senz-in-Nordsyrien.pdf
Zu Unrecht ist das Ergebnis der letzten Konferenz der im Astana-Format zusammenarbeitenden Staaten im Westen kaum berichtet worden.
haben
1. nochmals ihr entschiedenes Eintreten für die Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien und die Ziele und Prinzipien der UN
Charta bestätigt;
2. hervorgehoben, dass diese Prinzipien allgemein respektiert werden sollten, und dass alle Handlungen, die sie (diese Prinzipien) verletzen und die Ergebnisse des AstanaFormats untergraben könnten, zu unterlassen sind;
3. alle Versuche, unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung neue territoriale Realitäten schaffen zu wollen, entschieden zurückgewiesen und ihre Entschlossenheit ausgedrückt, allen separatistischen Bestrebungen entgegenzutreten, die darauf abzielen, die
Souveränität und territoriale Integrität Syriens und die nationale Sicherheit der Anliegerstaaten zu untergraben;
hier die Studie zum download als pdf
Hingewiesen sei u.a. auf die Kapitel "Die Rolle Deutschlands" (S. 54 ff) und "Der völkerrechtliche Kontext" von Norman Paech ( S. 64 ff.)
Das Gutachten kommt zunächst zum Ergebnis, dass das bisherige Mandat für die Operation "Inherent Resolve" eine solche Aktion nicht einschließt und daher der Bundestag darüber gesondert beschließen müsste. Es nimmt dann die Ergebnisse der früheren Studie - WD-2-3000-048/18 vom 18.4.18 (s. gesonderter Beitrag) auf und besteht auf einer Ermächtigung durch den Sicherheitsrat, die nicht bereits in der SR-Resolution 2118(2013) gefunden werden könne. Da eine solche Ermächtigung kaum denkbar sei, bliebe nur die Ausnahme der Selbstverteidigung nach Art. 51 UN-Charta. Da es auch daran fehle, "stünde eine Rechtfertigung möglicher Vergeltungsschläge völkerrechtlich auf äußerst "wackeligen" Füßen." (S.7)
Die Teilnahme Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Militäreinsatz kann "niemals verfassungskonform sein" (S. 8) . Auch die bloße militärisch-logistische Unterstützung eines solchen Einsatzes wäre nach dem Recht der Staatenverantwortlichkeit völkerrechtswidrig. Nach Art. 24 Abs.2 GG wäre auch eine Beteiligung an einer solchen Koalition der Willigen verfassungswidrig. Die Bundesregierung und die Abgeordneten des Bundestags könnten sich bei einer Billigung eines solchen Einsatzes zudem u.U. nach § 13 Völkerstrafgesetzbuch strafbar machen wegen eines Verbrechens der Aggression (S. 10).
hier das ganze Gutachten im Wortlaut als pdf
Das Gutachten stellt klar fest, dass der westliche Militäreinsatz völkerrechtlich nicht gerechtfertigt war, sondern gegen das Gewaltverbot nach Art.2 Nr. 4 der UN-Charta verstieß. Der Sache nach handelte es sich um eine nicht zulässige bewaffnete Repressalie im "humanitären Gewand".
Hier die Stellungnahme im Wortlaut als pdf
Das Gutachten kommt u.a. zu folgendem Ergebnis:
3.3. Zwischenfazit
Die militärische Präsenz der USA in Syrien im Kampf gegen den “IS” ist unter dem Blickwinkel
des Rechts auf Selbstverteidigung gegen nicht-staatliche Akteure völkerrechtlich umstritten und
lässt sich mit abnehmender territorialer Präsenz des “IS” in Syrien immer weniger begründen.
und später:
5. Fazit
Die Konfliktsituation in Syrien ist hinsichtlich der Fakten äußerst unübersichtlich. Dies
erschwert die Beantwortung der Frage, inwieweit die am Konflikt beteiligten (Nachbar-)Staaten
Israel, Türkei, Iran und Russland – einschließlich nichtstaatlicher Akteure wie die Hisbollah und
die Kurden-Milizen – tatsächlich völkerrechtskonform handeln. Unübersehbar verfolgen die
Nachbarstaaten Syriens geo-strategische Interessen in der Region und nutzen die prekäre Situation
eines (zeitweise) zerfallenden Staates (failing state) für ihre Zwecke aus. Vor allem das Selbstverteidigungsrecht
wird dabei nicht selten „vorgeschoben“, um die Verfolgung von politischen
Interessen völkerrechtlich zu legitimieren.
hier das ganze Gutachten als pdf
In den Medien überwog Zustimmung zu dem Vergeltungsschlag
wobei der offensichtliche Bruch des Völkerrechts meist abgetan oder mit Legitimitätsüberlegungen überdeckt wurde. Auch die Regierungen der NATO, die sich nicht beteiligt hatten, äußerten Verständnis statt Protest und schoben Russland die Schuld zu, dass es zu keinem rechtfertigenden Mandat des Sicherheitsrats gekommen sei.
Fakt ist, dass die vorgesehenen Verifikationsinstrumente der Chemiewaffenkonvention, der neben Syrien auch die Angreiferstaaten beigetreten sind, insbesondere die Klärung durch die zuständige OPCW, ob überhaupt ein Giftgaseinsatz stattgefunden hat und wer dafür verantwortlich ist, einfach übergangen wurden und - von Großbritannien abgesehen - eine völkerrechtliche Rechtsfertigung erst gar nicht versucht wurde.
wozu auch das Gutachten der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestags gerechnet werden darf.
Gutachten der Wiss. Dienste des Bundestags - WD 2 - 3000 – 048/18 - hier als pdf