BOFAX 605 D vom 21.6.18 von Maximilian Bertamini

Am 12.06.2018 trafen sich in Singapur Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un und U.S.-Präsident Donald Trump zu ersten bilateralen Gesprächen, die in einem Joint Statement mündeten. Dieses besteht im Kern aus vier Punkten:

Die U.S.A. und Nordkorea bemühen sich zum Wohl des Friedens und Wohlstandes der beiden Völker um neue Beziehungen zwischen den beiden Staaten. 2. Beide Staaten vereinen ihre Bemü-hungen um ein andauerndes Friedensregime auf der nordkoreanischen Halbinsel. 3. Unter Bestäti-gung der gesamtkoreanischen Panmunjeom-Erklärung vom 27.04.2018 bemüht sich Nordkorea um eine vollständige Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel. 4. Beide Staaten bemühen sich um die Rückführung Kriegsgefangener und Vermisster aus dem Koreanischen Krieg.

So begrüßenswert diese Ziele auch sind, so unverbindlich ist jedoch deren Verwirklichung „geregelt“. Die einzelnen Punkte sind von der weichen Formulierung „bemühen“ (commit) geprägt, die anders als beispielsweise ein „verpflichten“ (oblige) eher Ausdruck einer Absichtserklärung als einer rechtli-chen Verpflichtung ist. Auch die Bestätigung der Panmunjeom-Erklärung führt nicht zu verbindlichen Pflichten. In der Erklärung heißt es unter Punkt 3 Nr. 4 lediglich, dass die Denuklearisierung als ge-meinsames Ziel „anerkannt“ werde. Rechtliche Verbindlichkeit erlangt das Statement insbesondere hinsichtlich der Denuklearisierung auch nicht als sogenanntes pactum de contrahendo bzw. pactum de negotiando, also als Einigung im Sinne eines völkerrechtlichen Vertrages über den Abschluss oder die Verhandlung zu weiteren Verträgen. Solche pacta lassen typischerweise einen Rechtsbin-dungswillen anhand expliziter Formulierungen und der spezifischen Nennung der Materie, über die verhandelt oder ein Vertrag geschlossen werden soll, erkennen. Beispielhaft für ein pactum de con-rahendo wäre der Art. VII (1) der Declaration of Principles in Interim Self-Government Arrangements aus dem Jahr 1993 zu nennen. Artikel V (2) derselben Declaration und Art. XVIII des Treaty on Con-ventional Armed Forces enthalten ein deutliches Beispiel für ein pactum de negotiando unter Angabe spezifischer Ziele, Orte und eines Zeitrahmens. Höchstens die Punkte 1 und 4 des Statements könn-ten ein pactum de negotiando enthalten, aber auch hier sprechen die Formulierung „commit“ und der vage Verweis auf Wohlstand und Frieden der Völker eher gegen eine bindende Verpflichtung.

Im Übrigen enthält das Trump-Kim-Statement bezüglich der anvisierten Denuklearisierung, die be-reits als größter Meilenstein der Verhandlungen gefeiert wird, nichts, was Nordkorea nicht bereits früher schon erklärt hätte. Schon am 19.09.2005 erklärte sich Nordkorea als Ergebnis der vierten Runde der „Six-Party Talks“, einer Verhandlungsrunde zwischen den Koreas, Japan, den U.S.A., China und Russland anlässlich des Austritts Nordkoreas aus dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, zu einer vollständigen Denuklearisierung bereit. Damals sogar mit konkret anvisier-ten Maßnahmen, die zu diesem Zweck getroffen werden sollten.

Generell ist der Erfolg zukünftiger Vertragsverhandlungen, die aus der Sicht Nordkoreas langfristig wohl die Aufhebung der Sanktionen seitens der U.S.A. zum Gegenstand haben sollen, nach Section 402(2)(D) des North Korea Sanctions and Policy Enhancement Act of 2016 für die U.S.A. davon abhängig, dass sich in Nordkorea ein Wandel hin zu einer „offenen, transparenten und repräsentati-ven Gesellschaft“ vollzogen hat. Erst dann dürfen die Sanktionen aufgehoben werden. Einen solchen Wandel anzustoßen, ist überfällig. Die menschenrechtliche Lage Nordkoreas scheint momentan jedoch überhaupt nicht auf der Agenda zu stehen.

Schließlich ist jedoch bei aller Kritik auch zu betonen, dass eine Öffnung Nordkoreas für bilaterale Gespräche mit den U.S.A. sicher eine begrüßenswerte Entwicklung ist. Angesichts der Geschichte zwischen den beiden Staaten war von den ersten Schritten der Annäherung ohnehin noch keine umfassende Lösung aller Probleme zu erwarten.