Die USA setzen im Kampf gegen mutmaßliche Terroristen weiterhin auf bewaffnete Drohnen. In der Öffentlichkeit wenig bekannt ist, dass diese Operationen nicht nur durch das Militär, sondern auch unter der Führung des Auslandsgeheimdienstes CIA stattfinden.

 

Offenbar werden die CIA-Drohnen-Einsätze zunehmend ausgeweitet. Jerry Sommer hat recherchiert:

Auszug aus : NDR „Streitkräfte und Strategien“ vom 29.12.18, S. 7 ff.

Manuskript Jerry Sommer : 450 Kilometer südlich der libyschen Grenze liegt in Niger der Oasenort Dirkou. 10.000 Einwohner hat die Gemeinde – und einen kleinen Flughafen. Das USMilitär hat ihn kürzlich ausgebaut. Hier starten seit Beginn dieses Jahres Drohnen. Der US-Journalist Joe Penney war vor Ort, hat sie gesehen und gehört.

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O-Ton Penney (overvoice) „Sie starteten fast jede Nacht. Und das US-Militär erklärte: Unsere Drohnen fliegen nicht von dort. Die Franzosen sagten dasselbe. Und Niger selbst besitzt keine Drohnen.“

Penneys Schlussfolgerung: die Drohnenflüge aus Dirkou können nur vom Geheimdienst CIA organisiert sein. Diese Annahme bestätigten in Washington Informanten aus dem US-Sicherheitsapparat der New York Times.

Von Dirkou aus werden offenbar Terrorgruppen im Süden Libyens beobachtet und ihre Bewegungen verfolgt. Auch von einem Drohnenangriff hat Joe Penney erfahren:

 

O-Ton Penney (overvoice) „Mir wurde berichtet, dass die CIA von Dirkou aus im vergangenen Juli in Libyen ein Ziel der Terrorgruppe ‚Al Qaida im Islamischen Maghreb‘ bombardiert hat.“

 

US-Drohnen sind gegenwärtig in Niger auch am Flughafen der Hauptstadt Niamey stationiert. Gleichzeitig baut die US-Airforce eine große Drohnenbasis im nigrischen Agadez aus. Die US-Drohneneinsätze konzentrieren sich inzwischen auf Afrika und den Nahen Osten. Die unbemannten Flugzeuge starten von Stützpunkten in Dschibuti, Kamerun und Tunesien. Genutzt wird zudem die US-Basis Sigonella auf Sizilien. Zum Teil erfolgen diese Einsätze unter Führung der US-Luftwaffe, zum kleineren Teil wohl auch unter Leitung der CIA. Ob die Basis im nigrischen Dirkou ausschließlich durch den USAuslandsgeheimdienst genutzt wird, ist unklar. Generell arbeiten die CIA und die US-Luftwaffe sehr eng zusammen. Das gilt insbesondere für das Kommando Spezialkräfte der US-Airforce. Diese Kommandoeinrichtung führt die CIA-Drohneneinsätze im Auftrage des Geheimdienstes durch, sagt Dan

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Gettinger. Er leitet das „Center for the Study of the Drone“ am Bard-College nördlich von New York:

 

O-Ton Gettinger (overvoice) „Die Personen, die die CIA-Drohnen steuern, sind Angehörige der USLuftwaffe. Die CIA bestimmt die Zielpersonen und leitet die Aktionen. Aber die Drohnen und das Personal und die Infrastruktur gehören der Luftwaffe.“

 

Der US-Geheimdienst hat wesentlich früher als die US-Luftwaffe auf den Einsatz von Drohnen gesetzt. Von Mitte der 1970er Jahre bis zum September 2001 war es der CIA per Präsidentendirektive verboten, Mordoperationen durchzuführen. Nach den Terrorangriffen auf das World Trade Center und das Pentagon hob US-Präsident Bush dieses Verbot jedoch auf. Insbesondere in Pakistan führte die CIA anschließend Drohnenangriffe auf mutmaßliche Al Qaida-Mitglieder und andere mutmaßliche Terroristen durch. Der Geheimdienst konnte dabei mit Erlaubnis der Regierung in Islamabad von einem eigenen Stützpunkt in Pakistan operieren. Die pakistanische Regierung glaubte, auf diese Weise die Absprache mit den USA besser geheim halten zu können. Allerdings wurden durch die CIA-Drohnenangriffe auch viele Zivilisten getötet. Die Folge war eine Belastung der US-pakistanischen Beziehungen.

 

Unter Präsident Obama sind deshalb die Einsatzgrundsätze verändert worden: Drohnenangriffe sollten in erster Linie durch die US-Luftwaffe erfolgen. Außerdem sollte dafür gesorgt werden, dass zivile Opfer - so wörtlich - „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen sind. Präsident Trump hat diese Regelungen laut Medienberichten wieder zurückgenommen. Allerdings seien die neuen Einsatzregeln geheim, kritisiert Emma Knight von der Menschenrechtsorganisation „Amnesty International“. Das gelte sowohl für Drohnenoperationen der US-Luftwaffe, als auch für gezielte Tötungen durch den US-Auslandsgeheimdienst:

 

O-Ton Knight (overvoice) „Die CIA arbeitet so sehr im Geheimen, dass wir nicht wissen, wie viele Zivilisten durch CIA-Drohnenangriffe getötet worden sind. Sie steht außerhalb jeder Kontrolle. Wir wissen nicht, welche Regeln sie bei Raketenangriffen befolgen müssen und von wo sie ihre Angriffe starten. Zudem müssen sie nicht wie das reguläre Militär, ihre Aktivitäten öffentlich machen und dabei auch die Anzahl ziviler Opfer benennen.“

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US-Drohnenangriffe gibt es nicht nur in den Kriegsgebieten Afghanistan, Syrien und Irak. Betroffen sind auch der Jemen, Somalia und Libyen. Aus Pakistan werden inzwischen kaum noch Angriffe gemeldet. Im ersten Amtsjahr von Präsident Trump sind sie allerdings im Jemen und in Somalia stark angestiegen. Denn Trump hatte die Entscheidungsgewalt aus dem Weißen Haus an das USMilitär delegiert.

 

Der damalige CIA-Chef Mike Pompeo hatte sich zudem dafür eingesetzt, dass der Geheimdienst wieder einfacher als bisher Drohnenoperationen durchführen kann – auch gezielte Tötungen. Offenbar hat er sich durchgesetzt, sagt Emma Knight von „Amnesty International“

 

O-Ton Knight (overvoice) „Laut Medienberichten hat Präsident Trump die Befugnisse der CIA erweitert. Drohnenangriffe dürfen insbesondere auch außerhalb von erklärten Konfliktgebieten ausgeführt werden. Aber die CIA ist eine unglaublich geheim arbeitende Organisation. Man weiß nicht genau, was sie tut oder getan hat.“

 

Die Enthüllung, dass der US-Auslandsgeheimdienst den kleinen Flughafen Dirkou im Norden von Niger für Drohnenflüge nutzt, ist möglicherweise ein Hinweis darauf, dass die CIA wieder verstärkt auf Operationen mit unbemannten Flugzeugen setzt. Der Journalist Joe Penney befürchtet eine Art Revival der CIA:

 

O-Ton Penney (overvoice) „Ich glaube, das kann man als Eskalation bewerten. Die größeren Fähigkeiten und vermehrten Drohnenangriffe sind ein Merkmal der Trump-Regierung. Und ich würde mich nicht wundern, wenn es an anderen Orten der Welt ähnliche Entwicklungen gibt, die nur noch nicht bekannt geworden sind.“

 

Solchen Spekulationen mag sich Dan Gettinger vom Zentrum für Drohnenforschung am Bard-College nicht anschließen. Denn die CIA könne für ihre Drohnenflüge alle Stützpunkte der Welt nutzen, die auch der US-Luftwaffe zur Verfügung stünden. Die Drohnenbasis in Dirkou im Norden Nigers sieht Gettinger nur als eine Überbrückungsmaßnahme an:

 

 

 

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O-Ton Gettinger (overvoice) „Dirkou könnte als temporäre Basis für US-Drohnen dienen, solange der größere Flughafen in Agadez in Niger noch im Bau ist. Agadez sollte eigentlich schon 2016 fertig sein. Aber vermutlich wird er erst nächstes Jahr eröffnet.“

 

Wenn es um Zuständigkeiten und Geld geht, waren CIA und US-Militär immer wieder Konkurrenten, sagt Dan Gettinger. Gegenwärtig dringe von solchen Rivalitäten allerdings nichts an die Öffentlichkeit. Wie die konkrete Zusammenarbeit, bzw. die Arbeitsteilung zwischen der CIA und dem Kommando Spezialkräfte der US-Luftwaffe aussieht, sei auch nicht bekannt. Beide führten mit Drohnen Aufklärungsmissionen durch, aber auch gezielte Tötungen. Dan Gettinger:

 

O-Ton Gettinger (overvoice) „Die Zuständigkeiten von CIA und Luftwaffe haben sich über die Jahre verändert. Es ist auch heute nicht klar, welche Behörde, welche Einheit für welche Angriffe zuständig ist“.

 

Bekannt ist jedoch, dass die USA ihr militärisches Engagement in Afrika ausbauen. Insbesondere sollen örtliche Regierungen ertüchtigt und unterstützt werden. Terrorgruppen in Libyen, Somalia, Mali, und Nigeria werden bekämpft. In afrikanischen Staaten sind über 7.000 Spezialkräfte des US-Militärs stationiert. Ihre Anzahl soll etwas verringert werden, nachdem vier US-Soldaten in Niger bei einem Einsatz getötet worden sind. Möglicherweise werden die USA auch vor diesem Hintergrund wieder stärker auf Drohnenangriffe setzen – auch auf gezielte Tötungen. Die genaue Rolle der CIA dabei bleibt unklar.

 

Damit aber wächst zugleich die Gefahr, dass wieder Zivilisten Opfer solcher Angriffe werden. Die Folge: Terror-Organisation könnten vergleichsweise einfach neue Anhänger rekrutieren. Zudem geraten zivile Konfliktlösungen aus dem Blick, wenn der Schwerpunkt auf militärische Tötungsaktionen gelegt wird. Der Afrika-Kenner und Journalist Joe Penney:

 

O-Ton Penney (overvoice) „Militärische Operationen gegen sogenannte Terroristen können zwar wirkungsvoll sein und sie aus bestimmten Räumen vertreiben. Aber sie führen dort nicht zu mehr staatlichen und sozialen Dienstleistungen. Und sie bekämpfen nicht die Ideologie.“