Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte verwirft am 16.Februar 2021 die Beschwerde von Abdul Hanan, der 2009 zwei Kinder bei dem von Oberst Klein geforderten US-Bombardement auf zwei Tanklastwagen verloren hat.

Der Fall Hanan ./. Germany war das Leading-Verfahren der insgesamt weit über 100 zivilen Kundusopfer, die von der Bundeswehr mit 5.000 $ pro Familie „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ abgespeist worden waren, dann aber auf Schadenersatz und Schmerzensgeld in angemessener Höhe geklagt hatten.Der Fall Hanan ging durch die Instanzen der Zivilgerichte, blieb aber bis zum Bundesgerichtshof ohne Erfolg. Auch die Verfassungbeschwerde wurde letztes Jahr zurückgewiesen.

Parallel hatte der Generalbundesanwalt in Karlsruhe zu entscheiden, ob gegen Oberst Klein ein Strafverfahren eingeleitet werden sollte. Mit Verfügung vom 19.4.2010 wurden die Ermittlungen kurzerhand und offensichtlich ohne wirkliche Aufklärungsaktivitäten eingestellt. Rechtsmittel dagegen blieben erfolglos, so dass Abdul Hanan dagegen schließlich auch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anrief, der nun überraschend an der Entscheidung des Generalbundesanwalts nichts zu bemängeln fand.

Dabei stachen Pflichtwidrigkeiten von Oberst Klein hervor: die Luftbilder mit einem ziellosen großen Gewimmel um die Tanklastwagen passte nicht zu einem militärischen Geschehen, insbesondere gab es offenbar keine Bemühungen, die LKW wieder flott zu bekommen, so dass eine Gefahr für das deutsche Feldlager nicht bestand. Mit der falschen Behauptung, es gebe Feindberührung mit den eigenen Verbänden, wurde ein Bombardement durch US-Kampfflugzeuge angefordert, Zweifel der beiden US-Piloten, dass dort auch Zivilisten vor Ort seien, wurden abgetan und der von diesen empfohlene vorherige niedrige Überflug zur Warnung abgelehnt.

Verschiedene Einsatzregeln für den ISAF-Einsatz wurden offensichtlich nicht eingehalten. Insbesondere gab es den strikten Befehl des Oberkommandierenden Generals McChrystal, zivile Opfer unbedingt zu vermeiden. So wurden die beiden Piloten sofort disziplinarisch belangt, abgelöst und strafversetzt, McChrystal forderte auch entsprechende Maßnahmen gegen Oberst Klein. In Berlin wagte man aber den Konflikt mit der Bundeswehrführung nicht, leitete nicht einmal ein wehrdisziplinarisches Ermittlungsverfahren ein und beförderte sogar Oberst Klein zum Brigadegeneral – eine Verhöhnung der Opfer.

 

Kritik am Urteil des EGMR

Dr. Markus Sehl in LTO vom 16.02.2021

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