Am Tag danach und nach etwas Ruhe, darf doch endlich die Frage gestellt werden: was hat dieser Gipfel wem politisch gebracht?

Dies ist der Versuch einer ersten Annäherung an die Realität des Gipfels. Dabei soll nicht nur das zutiefst undemokratische, aggressive Verhalten der Polizei, die eindrucksvollen und mutigen Proteste, die herausragende Demonstration der 76.000 sowie die verwerflichen Handlungen des kriminellen Mobs benannt werden. Wie viele Provokateure dabei waren, werden wir sicher noch herausbekommen, ein unabhängiger Untersuchungsausschuss ist dringend notwendig.

Was sind die Ergebnisse des G20 Gipfel – politisch und materiell?

Die Kosten: die offiziellen 130 Millionen Euro Kosten entsprechen schon lange nicht mehr der Realität. Die Zahl 300 Millionen Euro kommt den Ausgaben für das Spektakel schon näher, es bleiben viele Ausgaben, wie die Ausfälle der Klein-Geschäfte Betreibenden, der Menschen, die nicht zur Arbeit kamen, das provozierte Verkehrschaos, die ausgebliebenen Touristen, Ausgaben, gar nicht geschätzt werden können. Haben diese immensen Ausgaben „politischen Benefit“ gebracht?

Ein Blick in die Abschlusserklärung verdeutlicht die Nullnummer dieses Gipfels:

Was gibt es alles nicht:

  • Keinen Cent für den globalen Klimafond der UN, dieser taucht gar nicht erst auf.

  • Keine weitere finanzielle und politische Unterstützung für die Realisierung der Sustainable Development Goals (SDG) der UN. Propagandistisch werden sie erwähnt, keinen Schritt zu ihrer Realisierung wurde vereinbart. Hungernde, Arme warten weiterhin auf aktive Unterstützung! So wir Afrika nie eine Chance haben, sich selbst zu entwickeln.

  • Keine einzige Initiative für die Realisierung des Abkommens von Paris. Wie können die Ziele des Abkommens von Paris 2015 Realität werden, wie Emissionen gesenkt, wie den ärmsten der Armen im Kampf gegen die Klimaerwärmung geholfen werden? Nichts und wieder nichts in der Schlusserklärung. Deutschland schaltet seine Kohlkraftwerke immer noch nicht ab und wird mit der Politik dieser Regierung keine Klimaziele erreichen.

  • Abrüstung taucht nicht auf. Wie sollen denn die SDGs und die Klimaziele erreicht werden, wenn nicht durch die Reduzierung der 1,7 Billionen USD für die Rüstungsausgaben?

  • Von ziviler Konfliktbearbeitung und Krisenprävention kein Wort – Krieg und Krisen werden täglich weiterhin tausende Menschenleben kosten von Afghanistan bis Syrien.

Was gibt es in der Schlusserklärung:

  • Ein Bekenntnis zur gescheiterten neoliberalen Wirtschafts- und Handelspolitik. Ob globaler neoliberaler Welthandel oder protektionistischer nationaler Handel, beide werden auf dem Rücken der ärmeren Länder ausgetragen, beide sind das Gegenteil von gerechtem fairem Handel. Diese gescheiterte ausbeuterische Handelspolitik wird gelobt und fortgeschrieben – wieder allen Wissens ihres Scheiterns. Die Ungerechtigkeit des Handels und Wirtschaftssystems wird fortgeschrieben.

Mit einer multilateralen Politik verfolgt besonders die Bundesregierung eine aggressive Exportüberschussstrategie, die zu immensen ungleichen Entwicklungen führt, zu ökonomischer Instabilität, zu politischen Krisen und Konflikten in den betroffenen Ländern in Europa und anderen Teilen der Welt.

  • Mehr fossile Energien für Jahre besonders in den USA, aber auch in vielen anderen Ländern der G20 Gruppe. Deutschland beteiligt sich aktiv an der fossilen Ausbeutung der Rohstoffe. Das so dringend notwendige Ende des fossilen Zeitalters wird hinausgeschoben – der Planet in seiner Existenz gefährdet, die Klimaauswirkungen werden wir mehr und mehr täglich merken und wieder sind die Ärmsten der Armen am meisten betroffen – unfairer, ausbeuterischer geht es kaum.

  • Die Verlogenheit im Umgang mit den Migranten und Immigranten wird festgeschrieben. Haltet sie von der Festung Europa fern, wie auch immer. Da kann Trump mit seiner eigenen Mauer leicht mitwirken. Menschenrechte sind außer bei Sonntagsreden ein Fremdwort.

  • Was dann nicht fehlen darf: ein Bekenntnis zum „Wachstum“, als ob hemmungsloses Wachstum an den Krisen und Katastrophen unserer Zeit nicht mit Schuld ist und als ob die einfache Kenntnis, dass ungehemmtes Wachstum auf einem begrenzten Planeten nicht möglich ist, nicht auch schon die regierenden der Welt erreicht hätte.

  • Emanzipation der Frau wird auf die Entwicklung von einer Minderheit von Frauen zu widerlichen Kapitalistinnen a la Ivanka Trump reduziert. „Emanzipation“ durch Ausbeutung – nein danke.

  • „Alter Wein in neuen Schläuchen“ so lassen sich die Ergebnisse des pompös als Afrika G20 Gipfel angekündigte Formulierungen in der Abschlusserklärung zusammenfassen. Neoliberale Handelspolitik, „Markt“öffnung und Zollsenkungen als noch größerer Raubbau an Ressourcen und Land: die alter Leier, die verantwortlich ist für die desaströse Situation in vielen Ländern dieses Kontinents. Diktatoren werden hofiert. Solidarische Hilfe zur Selbsthilfe und Entwicklung sieht anders aus.

Für dieses Ergebnis, dass nicht einmal als Nullnummer sondern als Schlag gegen das Abkommen von Paris zu bezeichnen ist, wurde

  • Die Demokratie außer Kraft gesetzt.

  • Durch Hundertausende Flugkilometer die Umwelt zerstört.

  • Irre Summen an Geld verschwendet.

  • Das System der UN weiter geschwächt.

Das ist verantwortungslose Politik, wofür? Für den Profit einiger weniger Konzerne und Banken, einiger global Player. Die Zehntausende, die bei den Protesten mutig und entschlossen auf die Straße gegangen sind, sind ein Zeichen der Hoffnung – es müssen noch viel mehr werden, um diesen ökologischen, demokratie- und menschenfeindlichen Wahnsinn zu beenden.

 

P.S. Wenn es wirklich zu einem Waffenstillstand in dem Südwesten Syriens kommen sollte – großartig. Aber die beiden Herren hätten sich billiger, intensiver und einfacher in Alaska treffen können (und ausgehandelt war dieser Plan schon wochenlang vorher in Geheimverhandlungen in Jordanien).

Reiner Braun, Co-Präsident des internationalen Friedensbüros (IPB), Kristine Karch, Co- Vorsitzender des internationalen Netzwerkes No to War – no to NATO