Ende April wird in Bremen drei Tage lang über die NATO diskutiert

Von Alice Bachmann, Bremen

Geheimarmeen, »humanitäre Einsätze«, Drohnen, Kundusangriff - ist das, was die NATO und ihre Mitgliedstaaten planen, finanzieren und tun, mit dem Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta vereinbar? Friedensaktivisten wollen darüber kontrovers diskutieren und haben deshalb sehr unterschiedliche Stimmen zu einem Kongress in Bremen eingeladen.


Wesentlich ist für Reiner Braun die Frage: Welche Alternativen gibt es zu militärischen Einsätzen? Braun ist Geschäftsführer der Friedensvereinigung von Juristen IALANA und stellte in Bremen das Programm der eben dort geplanten Konferenz vor. Unter dem Motto »Quo Vadis NATO? Herausforderungen für Demokratie und Recht« wird am letzten Aprilwochenende an der Universität Bremen über Krieg und Frieden diskutiert. Gut zwei Dutzend Organisationen beteiligen sich daran.

Braun sieht im Konferenzort einen erfreulichen Ansatz für die Suche nach Alternativen, und zwar in der Zivilklausel der Hochschule. Die untersagt Forschung für militärische Zwecke. Die Veranstaltung soll dazu beitragen, dass Friedenswissenschaft künftig mehr in Forschung und Lehre präsent ist. Der Bremer Rechtsanwalt Gerhard Baisch sieht ein großes Manko in der juristischen Ausbildung. Das Völkerrecht komme darin kaum vor. Dadurch lernten viele Juristen nicht, dass darin eine militärische Intervention immer nur als letztes Mittel in Konfliktsituationen zulässig sei. Außerdem, so Baisch, kenne die UN-Charta den von der NATO benutzten Begriff »humanitärer Einsatz« gar nicht. Der Begriff suggeriere sofortigen Handlungsbedarf, der keine gründliche rechtliche Prüfung zulasse.

Barbara Heller vom Bremer Friedensforum, das an der Konferenz beteiligt ist, kritisiert zudem die große Präsenz der Bundeswehr an Schulen. Organisationen, die gegen Waffeneinsatz sind, seien dagegen nicht ausreichend ausgestattet, um flächendeckend in Schulen für den friedlichen Weg zu werben. Das will Heller geändert sehen.

Auf der Konferenz, zu der sich bisher 250 Interessierte angemeldet haben, ist das Zahlenverhältnis von Militärangehörigen zu FriedensaktivistInnen naturgemäß anders herum. Allerdings werden auch dort konservative Kräfte zu Wort kommen, wie etwa Daniel-Erasmus Kahn von der Bundeswehr-Universität München. Der umstrittene Theologe Eugen Drewermann ist ebenfalls eingeladen. Die Veranstalter sind an kontroversen Diskussionen interessiert, betont Reiner Braun. Die Referenten - Wissenschaftler, Juristen, Politiker von Piraten bis SPD - könnten sehr unterschiedliche Perspektiven, Informationen und Erfahrungen einbringen.

Am Eröffnungsabend wird Hans-Christof Graf von Sponeck, Bremer Friedenspreis-Träger und früherer Beigeordneter des UN-Generalsekretärs, den ersten Vortrag halten. Sein Thema: Menschenrechte, Militäreinsätze und geopolitische Interessen. In den folgenden beiden Tagen wird es in Vorträgen, Arbeitsgruppen, Streitgesprächen und Foren um NATO-Geheimarmeen in Europa wie Gladio oder auch um die veränderte Kriegsführung durch Drohnen gehen. Die inhaltliche Bandbreite reicht von konkreten Problematiken wie der rechtlichen Aufarbeitung des Kundus-Angriffs bis zu allgemeineren Themen wie etwa Medien als Kriegspartei oder neueste Debatten in den außenpolitischen Eliten der USA. Als roter Faden zieht sich durch alle Tagesordnungspunkte die Frage nach dem Recht. Ist das, was die NATO und ihre Mitgliedstaaten planen, finanzieren und tun, mit dem Friedensgebot des Grundgesetzes und der UN-Charta vereinbar?