aus "Streiträfte und Strategien" vom 08.02.2014

Deutschland will sich künftig beim internationalen Krisenmanagement stärker beteiligen als bisher – notfalls auch mit Soldaten. Das war die Kernbotschaft der Münchner Sicherheitskonferenz am vergangenen Wochenende. Verteidigungsministerin von der Leyen, Außenminister Steinmeier und Bundespräsident Gauck bekräftigten bei dem Treffen, dass die Zeit der deutschen Zurückhaltung vorbei sei.

Deutschland werde zwar nie rein militärische Lösungen unterstützen…

O-Ton Gauck
„…aber wenn schließlich der äußerste Fall diskutiert wird – der Einsatz der Bundeswehr –, dann gilt: Deutschland darf weder aus Prinzip ‚nein‘ noch reflexhaft ‚ja‘ sagen.“

Joachim Gauck bekam Rückendeckung von Ursula von der Leyen. Die Verteidigungsministerin machte in ihrer auf Englisch gehaltenen Rede den Bündnispartnern deutlich, dass es künftig keine deutsche Sonderrolle mehr geben werde. Abwarten sei keine Option:

 O-Ton von der Leyen
„And Ladies and Gentleman. Indifference is not an option for Germany.”

Von den Bündnispartnern gab es auf der Sicherheitskonferenz viel Beifall für diese Position. Man sieht in dieser Ankündigung einen Kurswechsel in der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik. Denn bei der Libyen-Krise 2011 hatte sich Deutschland im UN-Sicherheitsrat enthalten. Und bei der anschließenden NATO-Militärintervention beteiligte  man sich nicht. Bundeswehr-Soldaten wurden stattdessen aus den AWACS-Überwachungsflugzeugen der NATO abgezogen. Seitdem gilt Deutschland im Bündnis als ein unsicherer Kantonist.

Durch die Ankündigung in München  wurden also bei den Verbündeten große Erwartungen geweckt. Erwartungen, die vermutlich nicht erfüllt werden. Denn die Schwelle für den Einsatz deutscher Kampftruppen ist weiterhin sehr hoch. Und bei anderen militärischen Fähigkeiten ist die Bundeswehr längst an ihre Grenzen gestoßen Das gilt für das Sanitätspersonal und insbesondere für Transportflugzeuge. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus redete  kürzlich im Bundestag Klartext:

O-Ton Königshaus
„Frau Ministerin, ich würde mir auch wünschen, dass bei unseren Angeboten an die internationale Gemeinschaft ein wenig mehr Aufmerksamkeit als bisher auf die Begrenztheit unserer Mittel gelenkt werden könnte. Bei dem geradezu routinemäßig gegebenen Angebot von Lufttransportkapazitäten wird nach meinem Eindruck nicht berücksichtigt, wie gering unsere Reserven in diesem Bereich bereits für den Regelbetrieb sind. Das belastet das Personal wirklich sehr.“
 
Dabei sollen die Streitkräfte durch die Bundeswehrreform eigentlich fit gemacht werden für Auslandseinsätze. In manchen Bereichen passiert jedoch genau das Gegenteil, wie der Wehrbeauftragte in der vergangenen Woche kritisierte:

 O-Ton Königshaus  
„Nehmen Sie die Spezialpioniere. Die müssen in der Regel als erstes dort hin,  und sie müssen das -  was nicht da ist -  aufbauen. Ausgerechnet diese Truppe wird in der neuen Struktur verkleinert. Wenn wir aber neue Aufgaben in der Welt übernehmen wollen, flexibler sein wollen, dann können wir nicht ausgerechnet diesen Flaschenhals noch verkleinern.“

Trotz Bundeswehrreform sind die Möglichkeiten der Streitkräfte also begrenzt, die Belastungen für die Soldaten sind groß. Auch nach der auf der Münchner Konferenz medienwirksam verkündeten neuen aktiven Außen-und Sicherheitspolitik  wird sich bei den Auslands-Einsätzen daher nicht allzu viel ändern.