Hier berichtet  das  Team von ICAN  täglich von den UN-Verhandlungen in New York. Die zweite Verhandlungsrunde hat am 15. Juni bereits begonnen

Tägliche Zusammenfassungen der Verhandlungen im folgenden

HIer die Berichte der bisherigen Sitzungstage ( wird laufend ergänzt )

Aktuelle Informationen zum Verhandlungsstand und zur weiteren Verhandlungsplanung finden sich (englisch) auch hier:

http://reachingcriticalwill.org/disarmament-fora/nuclear-weapon-ban/reports

http://reachingcriticalwill.org/disarmament-fora/nuclear-weapon-ban

https://www.un.org/disarmament/ptnw/index.html

 

Tag 1: Gelebte Erfahrungen und das Atomwaffenverbot - 15.6.2017

Veröffentlicht am 16. Juni 2017

Die Präambel wird diskutiertIndigene Bevölkerungen und Frauenrechte standen am ersten Tag der Verhandlungen für ein Atomwaffenverbot am Donnerstag im Mittelpunkt der Diskussionen. Vielen mögen solche Themen im Rahmen dieser Verhandlungen ungewöhnlich vorkommen. Denn bei anderen multilateralen Treffen rund um das Thema Atomwaffen ist meist die Rede davon, dass Nuklearwaffen „Sicherheit“ und „Stabilität“ leisten. Dabei wird angenommen, dass Sicherheit und Stabilität nichts mit gelebten Erfahrungen derer, die über Jahre unter der Herstellung, dem Testen und dem Einsatz von Nuklearwaffen leiden, zu tun hätten. Das Atomwaffenverbot – als Prozess und als Vertrag – ist dabei, diese Auffassung zu ändern.

Erstens, stützt sich der Vertrag auf gelebte Erfahrungen. Die drei Konferenzen über die humanitären Folgen von Nuklearwaffen, die zwischen 2013 und 2014 von Norwegen, Mexiko und Österreich organisiert wurden – und von denen sich dieser Vertrag ableitet – konzentrierten sich hauptsächlich auf die Art und Weise, wie Atomwaffen Menschenleben vernichten und die Umwelt zerstören.

Zweitens, wurden die Erfahrungen Indigener sowie Genderperspektiven von Anfang an in den Diskurs dieses Verhandlungsprozesses aufgenommen. Überlebende von Nuklearwaffentests und kleineren Versuchen in Australien und auf den Pazifikinseln nahmen bisher an jedem Treffen über das Atomwaffenverbot teil: von Konferenzen zu humanitären Folgen, über offene Arbeitsgruppen in Genf bis hin zum Ersten Ausschuss der UN-Generalversammlung 2016 und jetzt diesen Verhandlungen selbst. Frauen und Personen sexueller Minderheiten weltweit haben viele der prominentesten zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für ein Atomwaffenverbot einsetzen, geleitet und waren auch in mehreren Regierungsdelegationen, die dieses Thema verfechten, vertreten.

Besonders von der Zivilbevölkerung hat es durchgehend zahlreiche Anstrengungen gegeben, um die inhärenten Schnittpunkte zwischen Angelegenheiten rund um Abrüstung, Gender- und Rassengerechtigkeit sowie wirtschaftliche Gerechtigkeit zu betonen und diese Thematiken stark in den Prozess des Atomwaffenverbotes einzubinden. Dies hat sich, besonders für die Glaubwürdigkeit des Prozesses als sehr wichtig erwiesen. Regierungen, wie auch die Zivilbevölkerung wurden unaufhörlich mit Vorwürfen zur „Exklusivität“ in der Entwicklung dieses Vertrages konfrontiert. Tatsächlich ist dies wahrscheinlich der umfassendste Prozess zu Nuklearwaffen, den die Vereinten Nationen je erlebt haben. Jeder ist berechtigt, daran teilzunehmen. Die Tatsache, dass gewisse  Staaten (meistens aus dem reichen Norden) sich gegen eine Teilnahme entschlossen haben, hat in vielerlei Hinsicht dazu geführt, dass die Stimmen des globalen Süden nicht mehr unterdrückt, sondern viel stärker zur Kenntnis genommen werden. Weiterhin wurde durch diese Teilnahmeverweigerungen mehr Flexibilität in Bezug auf die Beteiligung der Zivilbevölkerung geschaffen, welche im bisherigen Prozess extrem aktiv und willkommen gewesen ist.

Dies soll keinesfalls bedeuten, dass der Prozess makellos ist. Es fehlt noch immer die aktive Beteiligung vieler, dauerhaft unterrepräsentierter ethnischer Gruppen. Zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich mit dieser Thematik beschäftigen sind meist überwiegend von Weißen dominiert und kommen aus westlichen Staaten. Zudem sind in den Gesprächen Männer weiterhin das stärker vertretene Geschlecht, besonders auf Seiten der Regierungen. Nur 23, der 95 Beiträge, die am Donnerstag durch Regierungen gemacht wurden, wurden von Frauen vorgetragen. Das sind lediglich 24% – weniger als ein Viertel. Von den 35 Delegationen, die am Donnerstag in den Verhandlungen sprachen, wurde die Rede bei ausschließlich 12 Delegationen von einer Frau gehalten. Das entspricht nur 34%.

Dieses andauernde Problem ist ausschlaggebend für den Vorschlag einiger Delegationen, in der Präambel des Verbotsvertrages nicht nur die physischen Auswirkungen von Atomwaffen auf die Gesundheit von Frauen zu erwähnen sondern auch die Notwendigkeit einer effektiven und gerechten Verteilung der Beteiligung von Frauen in Abrüstungsforen. Der Verbotsvertrag soll die starke Unterrepräsentation der Frau in der nuklearen Abrüstung erwähnen und aktiv unterstützen. Dabei kann auf folgenden Ausführungen Bezug genommen werden: die Resolution 1325 des UN-Sicherheitsrates über Frauen, Frieden und Sicherheit, die Resolution 71/56 der UN-Generalversammlung über Frauen, Abrüstung, Nichtverbreitung und Waffenkontrolle oder die faktbezogenen Zusammenfassung des Vorsitzenden der Konferenz des Nichtverbreitungsvertrages von 2017 (welche die Staaten dazu ermutigt, aktiv die Beteiligung von Frauen in ihren Delegationen und durch Förderungsprogramme zu unterstützen) .

Es ist auch unabdingbar, dass der Vertrag die geschlechtsspezifischen Auswirkungen von Atomwaffen genau widerspiegelt. Obwohl die gegenwärtigen Ausführungen in der Präambel zu begrüßen sind, spiegeln sie nicht ausreichend die unzähligen Möglichkeiten wider, durch die Herstellung, Testen und den Einsatz von Nuklearwaffen sich unverhältnismäßig auf Frauen auswirken. Die gesundheitlichen Auswirkungen ionisierender Strahlungen sind gravierend, aber darüber hinaus sind Frauen auch physisch anfälliger für radioaktive Strahlungen und sind ihnen sozial stärker ausgesetzt. Ausschließlich Frauen und Mädchen erlebten eine soziale Stigmatisierung als Folge der Strahlenbelastung.

Während im Entwurf des Verbotsvertrages wenigstens eine Annäherung an diese Problematik im Hinblick auf geschlechtsspezifische Auswirkungen zu erkennen ist, fehlt derzeit die Erwähnung der unverhältnismäßigen Auswirkungen auf indigene Bevölkerungen. Vielerorts sind indigene Gruppen aufgrund rassistischer und kolonialer Politik und Einstellungen, Leidtragende Atomtests geworden. Seit 1945 hat es weit über 2 000 explosive Atomtests und „kleine Versuche“ an weltweit mehr als 60 Orten gegeben. Diese Orte sind bis heute radioaktiv verseucht. Solche Versuche haben ebenfalls Auswirkungen auf stromabwärts und in Windrichtung gelegene Bevölkerungsgruppen, vwas zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Krebserkrankungen und weiteren chronischen Erkrankungen führt. In vielen Fällen wurden Menschen, die in der Nähe der Testgelände leben, dauerhaft aus ihren Häusern vertrieben. Uranbergbau, Nuklearwaffenproduktionsstätten und Lagerungsorte von Atommüll haben indigene Bevölkerungen ebenfalls stark unverhältnismäßig berührt, dadurch, dass auf politisch entrechtete Bevölkerungen gezielt wird.

Aus diesen Gründen ist eine Anerkennung der weltweiten unverhältnismäßigen Folgen von Atomwaffen auf indigene Bevölkerungen in der Präambel so wichtig. Genauso wie bei den geschlechtsspezifischen Auswirkungen, ist es bei den Folgen für indigene Bevölkerungen essenziell, dass Opfern und Überlebenden angemessene Hilfe erhalten, um ihre Position im nuklearen Erbe zu verstehen und um ein Verbot und eine Eliminierung Atomwaffen weiter voranzubringen.

Wie die indonesische Delegation am Donnerstag betonte, ist es schließlich für den Verbotsvertrag wichtig, dass Atomwaffen als Gegenstand sowie nukleare Abschreckung als ein Konzept verboten werden. Die Anerkennung und Reflexion der entsetzlichen, diskriminierenden und unverhältnismäßigen Folgen dieser Waffen für Frauen und indigene Bevölkerungen werden dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen. Für die Menschheit und für unseren gemeinsamen Planeten sind wir dabei, Atomwaffen zu verbieten.

Dieser Bericht von Ray Acheson, Reaching Critical Will, in der „Nuclear Ban Daily“ wurde frei übersetzt und leicht gekürzt von Estelle Zirn.

Tag 2: „Niemand soll so leiden wie wir“ - 16.6. 2017

veröffentlicht am 18. Juni 2017

Am zweiten Tag der Verhandlungen wurde die Diskussion über die Präambel fortgesetzt. Karina Lester, eine Aborigine aus Australien, las einen Auszug aus dem Statement der indigenen Gruppen und unterstrich die Aussagen vieler Staaten, dass die besondere Betroffenheit indigener Völker von den Folgen von Atomwaffen in der Präambel Erwähnung finden sollten. Einige Delegierte forderten eine stärkere Anerkennung der Menschenrechte in der Präambel. Anschließend nahm die Konferenz die Arbeit über den ersten Artikel des Vertrags auf, in dem es um die konkreten Verbote geht. Hierbei wünschten sich viele Staaten auch ein ausdrückliches Verbot militärischer Vorbereitungen für den Einsatz. Zudem gibt es starke Unterstützung für ein Verbot der Finanzierung von Atomwaffen. Die Debatte über Artikel 1 wird am Montag fortgesetzt. Zuvor fanden am Samstag die große Demo „Women’s March to Ban the Bomb“ sowie hunderte Soli-Aktionen weltweit statt.

Es gab zwei wichtige Reden der Zivilgesellschaft zur Präambel:

Die Aborigine Karina Lester präsentierte ein Statement der indigenen Gruppen in den USA, Französisch-Polynesien und den Marshallinseln. Sie beschrieb das Leid ihrer Familie und Gemeinschaft als Folge der Atomtests in Australien.

Wir erinnern alle, die diesen wichtigen Vertrag entwerfen, an den fortführenden Schaden, den der Einsatz von Atomwaffen und mehr als 2.000 Atomtests angerichtet haben. Indigene Gemeinschaften sind die Hauptleidtragenden dieser tödlichen Versuche. Unser Land, unsere Gewässer, unsere Gemeinschaften und unsere Körper tragen diese Erbe und geben es an künftige Generationen weiter. Unser Leid kann nicht rückgängig gemacht werden. Unsere Länder können nie wieder hergestellt werden. Manche unsere Traditionen wird es nie wieder geben. In Solidarität mit den Menschen in Hiroshima und Nagasaki bestehen wir darauf, dass Sie alles in Ihrer Macht stehende tun, um sicherzugehen, dass niemand noch einmal so leiden wird wie wir.“

Linnet Ngayu vom „African Council of Religious Leaders“ sprach für ICAN über die Inhalte der Präambel. Diese soll die besondere und steigende Gefahr von Atomwaffen für die Existenz der Menschheit und unseren Planeten klar herausstellen. Diese Bedrohung bleibe solange bestehen, bis alle Arsenale vernichtet seien. ICAN fordert die Konferenz auf, ausdrücklich festzuhalten, dass die internationale Gemeinschaft im Falle einer Atomwaffendetonation nicht in der Lage ist, angemessen humanitäre Hilfe zu leisten – eine Hauptschlussfolgerung der drei Konferenzen zu den humanitären Folgen von Atomwaffen. Ebenfalls soll in der Präambel eine angemessene Hilfe für die Opfer von Atomwaffeneinsätzen und -tests verankert sein.

Auch die Beseitigung von Umweltschäden aufgrund von Atomtests, Atomwaffeneinsätzen oder als Folge der Produktion von Atomwaffen soll bereits in der Präambel thematisiert werden. Darüber hinaus sollen die enorme finanziellen Ressourcen herausgestellt werden, die für die Herstellung und Modernisierung von Atomwaffensystemen ausgegeben werden. Diese müssten in einer Welt, in der die Grundbedürfnisse vieler Menschen nicht befriedigt werden, stattdessen der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung zu Gute kommen.

Andere internationale Normen, die unterschiedslos wirkende Waffen ächten, namentlich die Verbote biologischer und chemischer Waffen sowie von Anti-Personen-Minen und Streumunition, sollten in der Präambel gewürdigt und gestärkt werden.

ICAN wünscht sich insbesondere, dass die Präambel die kollektive und uneingeschränkte Ablehnung von Atomwaffeneinsätzen und des bloßen Besitzes deutlich zum Ausdruck bringt.

„Diese schrecklichen Waffen dienen keinem legitimen Zweck angesichts ihres willkürlichen Charakters, der ihnen innewohnenden Sittenwidrigkeit und ihres Potentials, die Menschheit auszulöschen“, sagte Linnet Ngayu für ICAN.

Am zweiten Verhandlungstag hat außerdem Izumi Nakamitsu, UN-Beauftragte für Abrüstungsfragen, drei Millionen Unterschriften für ein Atomwaffenverbot entgegengenommen.

Xanthe Hall

Tag 3: Wege zur Vernichtung - 19.6.2017

Veröffentlicht am 20. Juni 2017

Eine der kompliziertesten Fragen des Atomwaffenverbotsvertrags lautet: Wie kann nukleare Abrüstung konkret vorangetrieben werden? Darum ging es bei den Verhandlungen am Montag (19. Juni) und diese Frage wird auch in den Artikeln 2 bis 5 des Vertragsentwurfes behandelt.

Keiner der neun Staaten, die derzeit im Besitz von Atomwaffen sind, nimmt an den Verhandlungen teil – manche verhalten sich sogar offen ablehnend. Dennoch unterstützen einige nach eigenen Angaben die nukleare Abrüstung. Ihre Weigerung, relevant und effektiv abzurüsten, ist allerdings der Grund, weshalb die Verbotsverhandlungen überhaupt stattfinden.

Unter Berücksichtigung dieser Situation haben die verhandelnden Staaten einige Optionen. Sie können ein starkes Verbotssystem entwickeln, das praktische Auswirkungen auf die Nuklearstaaten und ihre Verbündeten zum Ziel hat. Dieses System würde die Staaten zu nuklearer Abrüstung drängen, indem ihre Politik stigmatisiert wird. Die verhandelnden Staaten können mit dem Abkommen aber auch einen konkreten Rahmen für künftige Abrüstung schaffen. Diese beiden Optionen schließen sich nicht aus. Vielmehr sollte großer Wert daraufgelegt werden, dass das erste Ziel erreicht wird – als Mittel, zur Erreichung des zweiten.

Der offizielle Vertragsentwurfverbietet Staaten, Atomwaffen zu besitzen, sich an nuklearen Allianzen zu beteiligen oder ihnen beizutreten. In Artikel 4 schreibt er Staaten vor, ihre Waffen erst loszuwerden, um dann dem Abkommen beitreten zu können („destroy and join“). In Artikel 5 erlaubt der Entwurf den Atomwaffenstaaten und ihren Verbündeten, mit Staaten, die den Verbotsvertrag unterzeichnet haben, über Programme zur Vernichtung von Atomwaffen und „andere effektive Maßnahmen“ zur nuklearen Abrüstung zu verhandeln.

Einige Staaten (Österreich, Irland, Mexiko, Neuseeland und andere) wollen, dass der Vertrag allen Staaten offen ist. Sie bevorzugen einen „join and destroy“-Ansatz. Die ersten Reaktionen in der Diskussion am Montag zeigten Zustimmung für einen Ansatz im Stil von „destroy and join“. Andere möchten, dass beide Wege zur Abrüstung im Vertrag offen gelassen werden.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Vertrag für alle Staaten offen zu lassen, und gleichzeitig die Staaten von Atomwaffen und einer Abschreckungspolitik abzuhalten. Südafrika hat am Montag einen Vorschlag eingebracht, der eine mögliche „join and destroy“-Option umreißt. Demzufolge könnte jeder Staat dem Abkommen beitreten, nachdem er eine Erklärung zum Atomwaffenbesitz und anderen relevanten Aktivitäten abgegeben hat. Wenn ein Land, das dem Vertrag beitreten möchte, Atomwaffen besitzt, auf dem eigenen Territorium lagert, oder sich an der Planung eines Atomwaffeneinsatzes beteiligt, muss es damit aufhören – und zwar in einem bestimmten Zeitraum, der im Verbotsvertrag festgelegt ist. Die Zeitpläne sind momentan mit einem X versehen.

Südafrikas Vorschlag lässt Artikel 5 bestehen, streicht aber den kompletten Artikel 3 sowie den Anhang zu Überprüfungsmaßnahmen. Der Entwurf fordert von Staaten, dass sie innerhalb einer bestimmten Zeit ein Sicherheitsabkommen mit der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) abschließen, falls sie dies noch nicht getan haben. Der Vorschlag verlangt zudem, dass die IAEO die Erklärung zur Vernichtung der Atomwaffen auf „Vollständigkeit und Richtigkeit“ überprüft. Darüber hinaus sollen alle Atomanlagen unter IAEO-Kontrolle fallen.

Während die meisten Staaten auf der Verhandlungskonferenz der Meinung waren, dass neue Überprüfungsmechanismen für den Verbotsvertrag unnötig seien, befürworten die meisten auch eine Stärkung des IAEO-Überwachungssystems. Es gibt eine breite Zustimmung für den Vorschlag, sich in dem Verbotsvertrag auf das „Überwachungssystem“ zu beziehen, statt auf konkrete Vereinbarungen, die teils mehrere Jahrzehnte alt sind.

Viele Delegationen meinten, die aktuelle Konferenz in New York sei nicht das richtige Umfeld für eine Diskussion über eine Verbesserung des Überwachungssystems, auch wenn dieses derzeit nicht einwandfrei ist. Die Delegation aus Malaysia argumentierte, der Verbotsvertrag müsse dynamisch sein und die Möglichkeit offen halten, später noch Protokolle und andere Instrumente einzubauen. Irland erklärte: „Wir können nicht in die Zukunft sehen, wir können nur mit ihr planen.“

In diesem Stil plädierte Irland auch dafür, dass der Vertrag keine detaillierten Vorgaben für den Vernichtungsprozess machen sollte. „Es ist nicht Teil des Mandats dieser Konferenz, es ist in der vorgegebenen Zeit nicht realisierbar und es ist auch nicht nötig, jetzt die detaillierte Ausgestaltung für die Beseitigung von Atomwaffen zu diskutieren“, sagte die irische Delegation am Montag.

Sie schlug vor, dass ein Staat seine Absicht, dem Vertrag beizutreten, kundtun kann, selbst wenn er nicht in der Lage ist, eine Erklärung abzugeben, dass er nach einem bestimmten Datum keine Atomwaffen besitzen oder erwerben wird. Ein Treffen der Vertragsparteien könne dann die Eckdaten für einen Prozess festlegen, in dem die Bedingungen für einen Beitritt verhandelt werden.

Die Verhandlungsparteien müssen sich klar werden, wie Staaten, die momentan nicht bei den Verhandlungen dabei sind, dem Abkommen beitreten können. Wenn es unser Ziel ist, sie dazu zu bringen, indem wir es ihnen (politisch, rechtlich, wirtschaftlich und sozial) schwieriger machen, ihre aktuelle Atomwaffenpolitik fortzuführen, dann brauchen wir ein starkes Verbotssystem und umsetzbare Mechanismen für den Beitritt und damit die Anerkennung dieser Verbote.

Universelle Gültigkeit ist das Ziel jedes Vertrags – und sollte sicherlich auch das Ziel dieses Vertrags sein, der das Ende des nuklearen Zeitalters erreichen möchte.

Ray Acheson, Reaching Critical Will, in Nuclear Ban Daily Vol. 2 Nr. 4. Aus dem englischen übersetzt von Felix Werdermann

 

Tag 4: Sich den Realitäten nuklearer Gewalt stellen

Veröffentlicht am 21. Juni 2017

20. Juni 2017, Verhandlungstag 4

Schwere, lebenslange und intergenerationelle Schäden resultierten nicht nur von den Atomangriffen auf Hiroshima und Nagasaki, sondern auch durch die Entwicklung, Tests und Produktion von Atomwaffen. Spätfolgen und langanhaltende Umweltverseuchung werden weiterhin neue Opfer schaffen. Diese Schäden haben einen unverhältnismäßig starken Effekt auf Frauen und Eingeborene – diese Anerkennung in der überarbeiteten Präambel ist sehr wichtig.

Manche Delegation, etwa Ägypten, Iran, Kuba und Vietnam, unter anderen, setzten sich dafür ein, dass die Hauptverantwortung für den Opferschutz bei jenen Staaten liege, die für das Leid verantwortlich sind. Malaysia argumentiert, dass das Völkergewohnheitsrecht diese Lesart stütze, u.a. in den Artikeln zur Staatenverantwortlichkeit für völkerrechtswidriges Handeln. Andere Staaten sowie die Zivilgesellschaft sehen die Hauptverantwortung dafür, dass die Rechte der Opfer respektiert und ihre Bedürfnisse erfüllt werden, aber bei jenen Staaten, in denen ein Opfer lebt oder arbeitet. Dies sei konsistent mit ihrer Souveränität, allgemeinen Menschenrechtsverpflichtungen und ihrer Verantwortung gegenüber ihren Bürgern.

Dieser Ansatz bedeutet nicht, dass betroffene Staaten die Verantwortung alleine tragen müssten. Belastbare internationale Zusammenarbeit in dieser Frage ist der Schlüssel, um betroffenen Staaten bei der Versorgung der Opfer zu helfen, und um die Verantwortlichkeiten hierfür unter allen Vertragsstaaten zu klären. Die Artikel zum Opferschutz in den Verträgen zu Antipersonenminnen und Streumunition gehen diesen Weg, und stark betroffene Länder sind diesen Verträgen in der Tat beigetreten.

Während der Diskussionen um den Opferschutz im Artikel 6(1) setzten sich Brasilien, Irland, Ghana, der Heilige Stuhl, Mosambik und die Philippinen stark dafür ein, die abschwächende Sprache zu entfernen, der zufolge nur Vertragsstaaten die „dazu in der Lage sind“ Opferschutz bereitstellen müssten. Menschenrechte verpflichten alle Staaten zum Opferschutz, und dies sollte auch in diesem Vertrag seinen Niederschlag finden. Das würde Staaten nicht davon abhalten, Kompensation für den Schaden durch andere, friedliche Mittel zu suchen. Der Vertrag sollte jene Staaten die für humanitäres Leid und Umweltzerstörung verantwortlich sind, auf jeden Fall dazu anhalten, betroffene Staaten bei ihren Verpflichtungen zum Opferschutz zu helfen.

Uganda brachte ein, dass der aktuelle Text zwischen Opferkategorien diskriminiere, da er alters- und genderspezifische Hilfe vorsehe. Tatsächlich schützt die gefundene Sprachreglung aber gegen Diskriminierung: Wenn es keine alters- und genderspezifische Regelungen gibt, tendiert Opferschutz dazu, Frauen, Kinder und Alte zu vernachlässigen. Es geht also nicht darum, diesen spezifischen Gruppen mehr Hilfe anzubieten, sondern eher sicherzustellen, dass ihre spezifischen Bedürfnisse nicht übersehen werden.

Es gab kaum eine Debatte dazu, welche Akte von der Reglung zum Opferschutz abgedeckt werden sollten, obgleich Mexiko vorschlug, „Einsatz und Testen von Atomwaffen“ mit „jedwede Detonation einer Atomwaffe oder nuklearen Vorrichtung“ zu ersetzen. Dieser Artikel sollte erweitert und um die Produktion von Atomwaffen ergänzt werden, um den Umweltauswirkungen von Uranminen und Produktionsprozessen gerecht zu werden. Dies sollte auch andere Atomwaffeninnovationen einschließen, z.B. sogenannte Kleinversuche („minor trials“) welche Großbritannien in Australien vollzog; zwar ohne nukleare Detonation, aber mit Strahlenschäden.

Artikel 6(1) sieht nützlicherweise verschiedene Typen des Opferschutzes vor. Diese Detailtiefe fehlt derzeit in Artikel 6(2) zur Umweltschutz. Wie Nigeria am Dienstag sagte, sollten Wiederherstellungsmaßnahmen im Vertrag nicht vage bleiben. Der Text sollte Vertragsstaaten klar dazu verpflichten, Kontaminierung in Gebieten unter ihrer Kontrolle zu beseitigen. Der Vertrag sollte auch Prinzipien zur Wiederherstellung der Umwelt und zum Schutz der Bevölkerung vor Umweltschäden detaillierter darstellen, und Richtlinien für derlei Unternehmungen vorgeben. Dies könnte es zur Voraussetzungen machen, Gefahren und Kontamination zu messen, Risiken der zu reduzieren, Gebiete zu dekontaminieren, nationale Gesetze und Aktionspläne zu erlassen.

Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK) schlug vor, in Artikel 6(2) zu spezifizieren, jeder Staat müsse „notwendige und geeignete Maßnahmen für derart kontaminierte Gebiete ergreifen“, was unter anderem durch die Philippinen unterstützt wurde. Die Schweiz schlug vor, der gleiche Absatz sollte lauten, „Staaten sollten Schritte hin zur Umweltwiederherstellung einleiten“, was wiederum Schweden unterstützte.

Was internationale Kooperation und Hilfe anbelangt, schlugen manche Staaten vor, Artikel 6 und 8 zusammenzulegen. Andere erhoben Einspruch, da Aspekte der Zusammenarbeit über Opferschutz und Umwelt hinausgingen. Das IKRK, der Heilige Stuhl, und die Schweiz schlugen vor, Artikel 6(3) in Artikel 8 zu integrieren, während Liechtenstein vorschlug, Artikel 8 könne auf Artikel 6 Bezug nehmen. Es ist wichtig, diese Artikel im Kontext zu sehen, um Opfer- und Umweltschutz so einfach wie möglich zu gestalten; dennoch ist es vorzuziehen, sie in zwei separaten Artikeln zu regeln. Es sollte auch eine Verpflichtung geben, wie von einigen Staaten vorgeschlagen, anderen Vertragsstaaten Hilfe zukommen zu lassen, falls diese angefordert wird. Es wäre darüber hinaus sinnvoll zu beschreiben, was für Hilfsmaßnahmen angefragt und bereitgestellt werden können, etwa rechtliche und legislative Hilfe, Hilfe zum Aufbau administrativer Kapazität, technische, materielle oder finanzielle Unterstützung.

Der Atomwaffenverbotsvertrag ist von Vorn bis Hinten ein humanitäres Instrument. Wir müssen daher Acht darauf geben, Hilfe für Opfer und Umwelt bereitzustellen, wenn diese unter Atomwaffen gelitten haben. Dies bedeutet nicht, wie etwa ein Staat implizierte, dass wir uns auf den zukünftigen Test oder Einsatz von Atomwaffen einstellten. Vielmehr bedeutet es, dass wir das grauenvolle Erbe anerkennen, welches Atomwaffen bereits hinterlassen haben, und dass wir sicherstellen, dass Menschenrechte und Umweltschutz respektiert werden.

Ray Acheson, Reaching Critical Will, in Nuclear Ban Daily Vol. 2, Nr. 5. Aus dem englischen übersetzt von Leo Hoffmann-Axthelm.


Tag 5: Das Verbot und andere Verträge - 21.6.2017

Veröffentlicht am 22. Juni 2017

Am Mittwochmorgen, den 21. Juni 2017, wurde in den Verhandlungen die erste Lesung des Vertragsentwurfes der Präsidentin abgeschlossen. Die Konferenzpräsidentin Elayne Whyte Goméz legte den Delegierten eine überarbeitete Version der Präambel vor. Nachmittags nahmen die Staaten an informellen, nicht-öffentlichen Diskussionen teil. Wir berichten nicht über diese Sitzungen aber begrüßen die Entscheidung, eine Beobachtung durch die Zivilbevölkerung zuzulassen.

Artikel 19

In Bezug auf den Vertragsentwurf war einer der am Dienstagmorgen diskutierten Punkte, die Beziehung zwischen diesem Vertrag und dem Atomwaffensperrvertrag (NVV), welcher gegenwärtig im Artikel 19 des Entwurfes beschrieben wird. Seit Beginn des Verfahrens über ein Atomwaffenverbot mussten dessen Befürworter sich gegen die Vorwürfe wehren, dass der Verbotsvertrag den Atomwaffensperrvertrag schwächen oder gar zerstören würde. Solche Vorwürfe basieren keinesfalls auf einer tatsächlichen Bedrohung für den Atomwaffensperrvertrag. Der Verbotsvertrag ist der Versuch einer Mehrheit der NVV-Vertragsstaaten ihren Verpflichtungen aus dem Artikel VI des NVV nachzukommen, um mit redlicher Absicht effektive Maßnahmen zur nuklearen Abrüstung anzustreben.

Die bestehende Formulierung im Vertragsentwurf ist problematisch. Derzeit besagt der Text, dass dieser Vertrag die Rechte und Verpflichtungen der Vertragsstaaten des NVV „nicht verändert“. Artikel 30 II des Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge schreibt vor, dass wenn ein Vertrag bestimmt, „dass er einem früheren oder später geschlossenen Vertrag untergeordnet ist oder nicht als mit diesem unvereinbar anzusehen ist, so hat der andere Vertrag Vorrang“. Obwohl der Verbotsvertrag ergänzend zum NVV ist, sind die Bestimmungen des Verbotsvertrages vorrangig. Mehrere Staaten äußerten im Laufe der Verhandlungen das Bedenken, dass die Atomwaffenstaaten eventuell versuchen werden zu argumentieren, dass ihre (irrtümliche) Annahme, sie hätten gemäß des Sperrvertrages ein „Recht“, Atomwaffen zu besitzen, den Verboten aus dem Verbotsvertrag vorgehen würde.

Eine Möglichkeit wäre den Artikel 19 zu entfernen, wie manche Staaten, zum Beispiel Ägypten, vorschlugen. Alternativ könnte man Malaysias Vorschlag folgen und die Formulierung des Artikels 26 I des Vertrages über Waffenhandel verwenden, welcher besagt, dass „die Durchführung dieses Vertrags […] die Verpflichtungen der Vertragsstaaten aus bestehenden oder zukünftigen völkerrechtlichen Übereinkünften, deren Vertragsparteien sie sind, unberührt [lässt], sofern diese Verpflichtungen mit diesem Vertrag vereinbar sind“. Es scheint, als könne diese Formulierung jegliche Bedenken über eine Schwächung des NVV durch den Verbotsvertrag stillen, ohne sich den problematischen Elementen oder Interpretationen des NVV zu unterwerfen.

Überarbeitete Präambel

Der NVV wird darüber hinaus in der Präambel des Vertragsentwurfes erwähnt, was ebenfalls den Staaten, die den Verbotsvertrag als einen Angriff auf das Nichtverbreitungsregime einstufen wollen, entgegnen sollte. Die Formulierungen im überarbeiteten Text sind jedoch ungeschickt. Ein einfacher Verweis auf den NVV wäre ausreichend, da das „drei Säulen“ Konzept in diesem Vertrag nicht verankert wird.

Andere Aspekte der überarbeiteten Präambel sind sehr zu begrüßen. Der Verweis auf die unverhältnismäßigen Auswirkungen von Atomwaffen auf indigene Bevölkerungen spiegelt die breite Unterstützung im Verhandlungssaal für solche Formulierungen wider. Ein weiterer neuer Absatz erkennt die „gleiche, vollständige und effektive Beteiligung, sowohl von Frauen, als auch von Männern an der atomaren Abrüstung“ an. Darüber hinaus wird die Bekenntnis zur „Unterstützung und Stärkung der effektiven Beteiligung von Frauen in der atomaren Abrüstung“ betont. Dies ist wichtig, um auf die Verpflichtungen der Staaten aus anderen Foren und Kontexten zur Förderung der Beteiligung von Frauen aufzubauen sowie für die Aufnahme von Gender-Bezügen in diese Arbeit. Der Verweis auf geschlechtsspezifische Auswirkungen von Atomwaffen beschränkt sich derzeit noch auf ionisierende Strahlung. Dies sollte unserer Meinung nach durch „unverhältnismäßige Auswirkung von Atomwaffen auf Frauen und Mädchen“ ersetzt werden, um anzuerkennen, dass diese Auswirkungen nicht nur physisch sondern auch sozial, kulturell und wirtschaftlich sein können.

Wir begrüßen, dass Menschenrechtsnormen in der überarbeiteten Präambel berücksichtigt werden, jedoch fehlt die Erwähnung vom Umweltrecht. Die Präambel sollte die Prinzipien aus dem internationalen Umweltrecht anerkennen. Diese beiden Verweise würden dabei helfen, die positive Pflicht zur Entwicklung der Opferhilfe und Umweltsanierung zu stärken.

Dies ist schließlich das Ziel der Präambel – die Überbringung einer klaren politischen Botschaft über die Motivation und den philosophischen Rahmen des Vertrages und, wenn möglich, Anleitung und Verstärkung für die Implementierung dieses Vertrages zu bieten. In diesem Sinne ist es entscheidend, dass die Präambel nicht abgeschwächt wird. Sie soll lieber die stärkstmöglichen und deutlichsten Formulierungen enthalten. Der neuste Vertragsentwurf ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.

Ray Acheson, Reaching Critical Will, in Nuclear Ban Daily, Vol. 2, Nr. 6. Übersetzt aus dem englischen und leicht redigiert von Estelle Zirn.

Tag 6: Operationelles Einwirken - 22.6.2017

Veröffentlicht am 23. Juni 2017

Als zivilgesellschaftliche Organisationen können wir aus den Treffen von diesem Donnerstag nicht berichten. Die Morgensitzung war eine informelle Debatte über den Transit von Atomwaffen, während die Nachmittagssitzung als geschlossenes Treffen die überarbeitete Präambel verhandelt hat. Am Freitag werden die Staaten wieder dazu übergehen, Artikel 2-5 des Vertragsentwurfs zu besprechen.

All diese Aspekte des Vertrages stehen zueinander in Verbindung. Alle haben sie Auswirkungen auf die strukturellen, operationellen, und politischen Aspekte von Atomwaffenprogrammen und -politiken. Wenn die Präambel ein starkes politisches Statement über die Zurückweisung von Atomwaffen vermittelt, basierend auf ihren katastrophalen humanitären Folgen und ihrer moralischen Verabscheuungswürdigkeit, so hilft dies, den Weg für starke Verbote im Vertragstext zu bereiten. Eine solche Präambel liefert auch die Stoßrichtung für Verpflichtungen zur Einstellung von Atomwaffenprogrammen und diesbezüglichen Aktivitäten und Verteidigungspolitiken.

Wie bereits in früheren Editionen des Nuclear Ban Daily hervorgehoben, gibt es viele Wege zur Abrüstung und wir können nicht vorhersagen, welcher sich mit den Jahren durchsetzen wird. Was wir aber durchaus tun können, ist für einen starken, unmissverständlichen Verbotsvertrag einzutreten, welcher Staaten dazu auffordert, abzurüsten und effektive, verifizierbare, unwiderrufliche und zeitlich klar definierte Schritte zur Abschaffung ihrer Atomwaffenprogramme einzuleiten.

Es ist dabei besonders wichtig, dass Verbote, Verpflichtungen und Maßnahmen zur Umsetzung jeweils die humanitären Ziele und Normen des Vertrags verstärken. In diesem Kontext sollten Regelungen zum Transit von Atomwaffen klarstellen, dass Vertragsstaaten keinerlei Transport von Atomwaffen über ihr Territorium, ihre Gewässer, und Luftraum zulassen dürfen. Dies ist konsistent mit einem kategorischen Verbot von Atomwaffen, und kann echte Auswirkungen auf die operative Praxis der „erweiterten nuklearen Abschreckung“ haben. Dies wird auch Risiken reduzieren, da von Atomwaffen insbesondere während des Transports die Gefahr von Unfällen oder gar Angriffen ausgeht, was plötzliche und vernichtende Auswirkungen für lokale und regionale Bevölkerungen haben würde.

Es ist schwer, Argumente ernst zu nehmen, denen zufolge eine solche Regelung zum Verbot des Transits zu viele technische Hürden mit sich bringen könnte. Der Vertrag könnte etwa explizit vorsehen, dass der Transit für Vertragsstaaten verboten ist, ohne dabei die extensive Verifizierung vorzusehen; wie es schon für andere Elemente des Vertragsentwurfes der Fall ist. Der Schlüssel liegt darin, keine Aktivitäten und Verhaltensweisen zuzulassen, die verbotene Aktivitäten zulassen oder unterstützen.

In der heutigen Edition von Nuclear Ban Daily betrachtet Nick Ritchie Aspekte rund um die Notwendigkeit, möglichst starke Normen gegen Atomwaffen und „nukleare Abschreckung“; Studenten der Harvard Law School untersuchen Verantwortlichkeiten für positive Verpflichtungen; während das Amplify Netzwerk die bisherigen Erfahrungen auf der Konferenz veranschaulichen.

Ray Acheson, Reaching Critical Will. Aus dem englischen übersetzt von Leo Hoffmann-Axthelm.

 

Tag 7:  Abrüstung im Verbotsvertrag - 28.6.2017

Veröffentlicht am 29. Juni 2017

Am Mittwoch fanden informelle Sitzungen statt, sodass wir über diese Diskussionen nicht berichten können. Stattdessen präsentieren wir ein paar Gedanken zu den Herausforderungen der Artikel 2 bis 5 des Vertragsentwurfs. Diese Artikel handeln von den Nuklearwaffenstaaten und der Eliminierung ihrer Atomwaffen und Atomwaffenprogramme. Zudem beziehen sie sich auf die Safeguards-Maßnahmen zur Verhinderung der Wiederherstellung und auf die mögliche Weitergabe an atomwaffenfreie Staaten.

Wie in dem Bericht zu diesem Thema aus dem Jahr 2009 von dem „International Panel on Fissile Materials“ festgestellt, gibt es viele Wege zu einer atomwaffenfreien Welt. Die Wege – und ihre Ziele – unterscheiden sich dadurch, wie transparent und irreversibel sie sind. Die verhandelnden Staaten müssen entscheiden, was dieser Vertrag leisten kann, um die vollständige Eliminierung von Atomwaffenprogrammen in jeglicher Hinsicht und vor dem Hintergrund der Prinzipien Transparenz und Irreversibilität zu erreichen.

Wie gestern beschrieben gibt es signifikante Probleme im jetzigen Vertragsentwurf im Umgang mit diesen Themen. Danach können Staaten dem Verbotsvertrag beitreten, während ihre Atomwaffen und Atomwaffenprogramme intakt sind, solange sie sich dazu verpflichten, „so schnell wie möglich“ ihre Atomwaffen zu vernichten, und einen Plan zur Vernichtung ihrer Atomwaffenprogramme vorlegen.

Obwohl wir fordern, dass der Vertrag allen Staaten in gleicher Weise offenstehen soll, möchten wir eine Situation – wie bei einer offener Plenarsitzung am Dienstag von Neuseeland beschrieben – vermeiden, in der es Atomwaffenstaaten erlaubt wäre, gegen das Verbot des Atomwaffenbesitzes zu verstoßen. Nach dem aktuellen Entwurf stünde es den Staaten offen, „so schnell wie möglich“ als „solange wie wir wollen“ umzudeuten, und die Verpflichtung zur Zerstörung ihrer Atomwaffen wie schon im Atomwaffensperrvertrag so locker wie sie möchten zu interpretieren.

Gemäß dem aktuellen Vertrag wäre es den Staaten zudem erlaubt, das Atomwaffenarsenal vor dem Beitritt zu beseitigen. So könnten sie ihre Atomwaffen auf ihre Weise und unter Anwendung ihnen passender Kriterien abrüsten. Der Vertragsentwurf verlangt in diesem Fall von den Staaten nur die anschließende Kooperation mit der Internationalen Atomenergie-Organisation in Bezug auf die Berichterstattung über ihren Atomwaffenbestand. Es bestehen keine weiteren Verpflichtungen hinsichtlich des Rests ihrer Atomwaffenprogramme.

Ein Ansatz zum Umgang mit diesen Herausforderungen ist, weiter an den Artikeln 2 bis 4 zu arbeiten und sicherzustellen, dass diese in sich konsistent sowie stark genug für aktuelle und zukünftige Umstände sind. In diesem Fall bedarf es einer klaren Anbindung der Deklarationen des Artikels 2 an das Verbot in Artikel 1 und an die Verpflichtungen zur vollständigen Zerstörung der Atomwaffenprogramme des Artikels 4. Außerdem braucht es eine klare Vorschrift, Sicherheitsklauseln zu implementieren, die sich nicht auf einen Minimalstandard beschränken, und so sicherstellen, dass die Sicherheitsklauseln für alle Vertragsparteien obligatorisch sind.

Der alternative Ansatz besteht darin, sich in diesem Vertrag nicht mit den Parametern nuklearer Abrüstung auseinanderzusetzen. Stattdessen könnte der Vertragstext Treffen von Vertragsparteien mit interessierten Atomwaffenstaaten bevollmächtigen, in denen sie zeitlich gebundene, überprüfbare und irreversible Pläne zur Vernichtung der Atomwaffenprogramme in all ihren Ausprägungen vereinbaren.

In jedem Fall bedarf es eines Ansatzes, der sicherstellt, dass die Vertragsparteien ihre Verpflichtungen aus dem Vertrag erfüllen. Staaten, in denen Atomwaffen stationiert sind, werden diese entfernen müssen. Staaten im Besitz von Atomwaffen werden ihre Atomwaffenprogramme zerstören müssen. Dieser Vertrag kann dies ermöglichen, dennoch müssen die Staaten vorsichtig sein, den Prozess nicht aus Versehen zu erschweren oder schwache Vorschriften zu schaffen, die zu einem späteren Zeitpunkt ausgenutzt werden können.

Ray Acheson, Reaching Critical Will, in der Nuclear Ban Daily. Aus dem Englischen übersetzt von Georg Sturm.

 

Donnerstag, 29.06.2017

ICAN am 29.6.2017  zum zweiten offiziellen Vertragsentwurf

http://icanw.us3.list-manage1.com/track/click?u=a30faa98819042a7fd16e1dd1&id=b06a664ba4&e=a659365ec3


 

Freitag, 30.06.2017

John Burroghs von ialana zum Sachstand:

On Friday June 30, outputs from separate negotiating groups on portions of treaty were posted. The leadership of negotiations would like to think that they are closing in on final language, but there are still a few days, basically by Wednesday, for governments to try to change the text.  Of note, a prohibition on use *and threatened use* is now in Article 1. IALANA may very well have had a role in this. (vgl. als pdf das vorgelegte Papier Nr. 6).  Results of facilitated separate negotiating sessions, to feed into the Monday text, under papers of facilitators:

https://www.un.org/disarmament/ptnw/conference-documents.html

Montag, 03.07.2017 | 19:00 Der dritte Vertragsentwurf wird vorgelegt

hier als pdf

Dieser ist schon sehr nah an der endgültigen Fassung. Am Mittwoch passiert in den Verhandlungen der letzte Schliff. Morgen ist Independence Day in den USA, weshalb nicht verhandelt wird. Die Delegierten sind angehalten diese Zeit zu nutzen, um diesen Vertragsentwurf mit ihren Regierungen abzustimmen.

Algerien sorgte für eine Irritation im Plenum heute Nachmittag, als der Delegierte den Abschluss der Verhandlungen am kommenden Freitag anscheinend in Frage stellt. Nachdem einige Delegierte vehement dafür plädierten, dass die ursprüngliche Intention der Resolution mit einem zeitnahen Abschluss erfüllt sei und der historischen Moment genutzt werden sollte, strauchelte der algerische Delegierte wieder zurück und bestärkte, dass es auch in seinem Sinne sei, diese Verhandlungen abzuschließen. Man stelle jetzt die Frage, was hinter diesem Intermezzo steckte…

 

John Burroghs von ialana zum Sachstand:

It’s pretty much what came out of the negotiating groups on Friday. There are some modifications to Articles 2-5 re nuclear-armed states joining the treaty. Diplomats are sending to their capitals, and will resume negotiations Wednesday morning. If they are to adopt the treaty on Friday, they will have to agree on final text on Thursday, to leave time for translation.

Mittwoch, 05.07.2017:    Der Vertrag ist fast fertig!

Heute bestand  für die Delegationen im Plenum die Möglichkeit, Ihre Anmerkungen zum Vertragsentwurf zu machen. Artikel für Artikel wird durchgegangen. Viele Delegationen sprechen der Vorsitzenden Elayne Whyte (Costa Rica) ihren Dank für den Entwurf aus, der den bestmöglichen Kompromiss der vergangenen Verhandlungstage darstellt. Einige Delegationen bringen noch Änderungswünsche ein, woraufhin viele Delegationen ihre Bereitschaft, diesen Entwurf als Vertrag anzunehmen bestärken. Die Niederlande muss leider bei jedem Artikel bekräftigen, dass sie diesen nicht annehmen können. Immerhin sind die Niederlande im Gegensatz zur Bundesregierung überhaupt bei den Verhandlungen dabei. Laut der Vorsitzenden wird sich der Vertrag im Vergleich zum 3.Entwurf nur noch wenig ändern.

Donnerstag, 06.07.2017 - Der Vertrag wird in die 6 UN-Sprachen übersetzt

Simply banning nuclear weapons
7 July 2017

Ray Acheson

Download full edition in PDF

Freitag, 07.07.2017 , 10:00 Abschluss und Verabschiedung des Vertragstextes

The new reality - Yesterday 6.7.) , we banned nuclear weapo
8 July 2017

Ray Acheson

Download full edition in PDF